Pfändbarkeit tarifvertraglicher Zulagen

Oktober 25, 2017

Pfändbarkeit tarifvertraglicher Zulagen

BAG 10 AZR 859/16 Urteil vom 23.8.2017,

§ 850a Nr. 3 ZPO – § 3b EStG – Erschwerniszuschläge

RA und Notar Krau

Sachverhalt:

Die Klägerin, eine Hauspflegerin, stritt mit ihrem Arbeitgeber über die Pfändbarkeit von tarifvertraglichen Zulagen

für Nacht-, Sonntags-, Feiertags-, Samstags-, Wechselschichtarbeit sowie Arbeit am 24. und 31. Dezember.

Die Beklagte hatte diese Zulagen bei der Berechnung des pfändbaren Einkommens berücksichtigt und an den Treuhänder abgeführt.

Die Klägerin klagte auf Nachzahlung, da sie die Zulagen als unpfändbare Erschwerniszulagen i.S.v. § 850a Nr. 3 ZPO ansah.

Kernaussagen des Urteils:

  1. Unpfändbarkeit von Zulagen: Zulagen für Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit sind Erschwerniszulagen im Sinne von § 850a Nr. 3 ZPO und damit im Rahmen des Üblichen unpfändbar. Zulagen für Schicht-, Samstags- oder sog. Vorfestarbeit sind hingegen pfändbar.   

  2. Anknüpfung an § 3b EStG: Um zu bestimmen, in welchem Umfang und welcher Höhe Zuschläge für Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit als „üblich“ und damit unpfändbar i.S.v. § 850a Nr. 3 ZPO anzusehen sind, kann an die Regelung in § 3b EStG angeknüpft werden.   

Detaillierte Erläuterungen:

  • Auslegung des Begriffs „Erschwerniszulage“: Das BAG legte den Begriff „Erschwerniszulage“ in § 850a Nr. 3 ZPO aus und stellte fest, dass er auch Zulagen für Arbeit zu ungünstigen Zeiten umfasst.

    • Hierbei bezog sich das Gericht auf den Wortlaut der Norm, die Systematik des § 850a ZPO, die historische Auslegung sowie Sinn und Zweck der Pfändungsschutzvorschriften.
    • Es kam zu dem Schluss, dass Zulagen für Nacht-, Sonntags- und Feiertagsarbeit aufgrund der besonderen Belastung und des besonderen Schutzes, den die Rechtsordnung diesen Arbeitszeiten einräumt, als Erschwerniszulagen anzusehen sind.
    • Zulagen für Schicht-, Samstags- und Vorfestarbeit fallen hingegen nicht unter den besonderen Pfändungsschutz, da ihnen diese besondere Belastung und dieser besondere Schutz fehlen.
  • „Rahmen des Üblichen“: Das BAG stellte klar, dass Erschwerniszulagen nur im Rahmen des Üblichen unpfändbar sind.

    • Aus Gründen der Praktikabilität und in Anlehnung an die gesetzgeberische Wertung kann zur Bestimmung des Rahmens des Üblichen an die Regelung in § 3b EStG angeknüpft werden.
    • Zuschläge für Nacht-, Sonntags- und Feiertagsarbeit, die in einem bestimmten Umfang nach § 3b EStG steuerfrei gestellt sind, sind im Rahmen des § 850a Nr. 3 ZPO als unpfändbar anzusehen.

Pfändbarkeit tarifvertraglicher Zulagen

Weitere wichtige Punkte:

  • Das BAG hob das Urteil des Landesarbeitsgerichts auf und verwies die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurück.
  • Die Klage war teilweise unzulässig und teilweise unschlüssig. Das BAG gab der Klägerin jedoch die Möglichkeit, ihren Vortrag in der Berufungsinstanz zu ergänzen.
  • Das Urteil enthält detaillierte Ausführungen zur Auslegung des Begriffs „Erschwerniszulage“ und zur Abgrenzung zwischen pfändbaren und unpfändbaren Zulagen.

Fazit:

Das Urteil des BAG stärkt den Schutz von Arbeitnehmern vor Pfändungen.

Zulagen für Nacht-, Sonntags- und Feiertagsarbeit sind im Rahmen des Üblichen unpfändbar.

Für die Bestimmung des Rahmens des Üblichen kann an die Regelung in § 3b EStG angeknüpft werden.

Schlagworte

Warnhinweis:

Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

Benötigen Sie eine Beratung oder haben Sie Fragen?

Rufen Sie uns an oder schreiben Sie uns eine E-Mail, damit wir die grundsätzlichen Fragen klären können.

Durch die schlichte Anfrage kommt noch kein kostenpflichtiges Mandat zustande.

Warnhinweis:

Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

Benötigen Sie eine Beratung oder haben Sie Fragen?

Rufen Sie uns an oder schreiben Sie uns eine E-Mail, damit wir die grundsätzlichen Fragen klären können.

Durch die schlichte Anfrage kommt noch kein kostenpflichtiges Mandat zustande.

Letzte Beiträge

Betriebsvereinbarung Bonus - unterjähriges Ausscheiden - Stichtagsregelung - Berechnung anteiliger Anspruch

Betriebsvereinbarung Bonus – unterjähriges Ausscheiden – Stichtagsregelung – Berechnung anteiliger Anspruch

April 19, 2025
Betriebsvereinbarung Bonus – unterjähriges Ausscheiden – Stichtagsregelung – Berechnung anteiliger AnspruchRA und Notar KrauDas Urteil des…
Aufstockung von Teilzeit auf Vollzeit - Anpassung der Vergütung

Aufstockung von Teilzeit auf Vollzeit – Anpassung der Vergütung

April 19, 2025
Aufstockung von Teilzeit auf Vollzeit – Anpassung der VergütungUrteil des Bundesarbeitsgerichts (BAG) vom 13. Dezember 2023 – 5 AZR 168/23 – z…
Urlaubsgeld - Gesamtzusage - Freiwilligkeitsvorbehalt - Mitbestimmung des Betriebsrats - billiges Ermessen

Urlaubsgeld – Gesamtzusage – Freiwilligkeitsvorbehalt – Mitbestimmung des Betriebsrats – billiges Ermessen

April 19, 2025
Urlaubsgeld – Gesamtzusage – Freiwilligkeitsvorbehalt – Mitbestimmung des Betriebsrats – billiges ErmessenUrteil des Bundesarbeitsgerichts (BA…