Pflichten einer Bank bei Abschluss einer Stop-Loss-Vereinbarung

Oktober 21, 2025

Pflichten einer Bank bei Abschluss einer Stop-Loss-Vereinbarung

Gerne fasse ich die Pflichten einer Bank bei einer Stop-Loss-Vereinbarung im Kontext eines Fremdwährungsdarlehens, basierend auf dem genannten Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH), zusammen.

Das BGH-Urteil (XI ZR 165/22 vom 10.9.2024) befasst sich mit den Pflichten einer Bank gegenüber einem Darlehensnehmer, der ein bereits verlustbehaftetes Fremdwährungsdarlehen (hier in Schweizer Franken, CHF) umschulden und dabei eine Stop-Loss-Vereinbarung trifft.

Ein Fremdwährungsdarlehen birgt das Risiko, dass der Darlehensbetrag in Euro steigt, wenn die Fremdwährung (z.B. CHF) gegenüber dem Euro aufwertet. Die Stop-Loss-Order soll dieses Risiko begrenzen: Sie legt einen bestimmten Wechselkurs fest, bei dessen Erreichen oder Unterschreiten die Bank die Fremdwährung kaufen und das Darlehen automatisch auflösen soll, um weitere Verluste zu verhindern.

Das Urteil klärt, wann und in welchem Umfang die Bank den Kunden beraten und aufklären muss.

Der Finanzierungsberatungsvertrag

Ein wichtiger Punkt ist, ob zwischen Bank und Kunde ein Finanzierungsberatungsvertrag zustande gekommen ist.

Grundsatz:

Ein solcher Vertrag kann stillschweigend entstehen, wenn der Kunde die Bank aktiv um fachmännischen Rat bittet und die Bank dem nachkommt.

Im konkreten Fall:

Der BGH sah keinen stillschweigenden Abschluss eines Beratungsvertrags. Das lag daran, dass der Kunde bereits hohe Verluste aus einem ähnlichen Darlehen bei einer anderen Bank hatte und eigeninitiativ auf die neue Bank zuging, um lediglich eine Umschuldung zu erreichen. Er wollte die bereits entstandenen Verluste nicht realisieren und sich die Chance auf eine Kurserholung offenhalten. Es fehlte der Nachweis, dass er die Bank gezielt um umfassende fachmännische Beratung gebeten hatte.

Folge:

Ohne Beratungsvertrag muss die Bank dem Kunden nicht umfassend erklären, ob das Angebot eines mit Stop-Loss abgesicherten Avalkredits überhaupt sinnvoll ist.

Pflichten einer Bank bei Abschluss einer Stop-Loss-Vereinbarung

Vorvertragliche Aufklärungspflichten

Auch ohne einen umfassenden Beratungsvertrag hat die Bank vorvertragliche Aufklärungspflichten (§ 280 Abs. 1 BGB in Verbindung mit § 241 Abs. 2, § 311 Abs. 2 BGB).

Grundsatz:

Die kreditgebende Bank muss den Kunden ungefragt über die Konditionen des Darlehens selbst aufklären.

Pflicht zur Aufklärung über das Stop-Loss-Risiko:

Die Bank muss klar und deutlich über das spezifische Risiko der Stop-Loss-Order aufklären, nämlich dass der vereinbarte Limitkurs (der Auslösekurs) unterschritten werden kann.

Im Fall hatte die Bank diesen Hinweis klar und deutlich gegeben, was auch durch einen handschriftlichen, vom Kunden gesondert unterzeichneten Zusatz belegt war.

Zusätzlich hatte ein Bankmitarbeiter darauf hingewiesen, dass es bei einer Aufhebung der Kursstützung durch die Schweizerische Nationalbank zu einem massiven Kursabsturz kommen und der Kurs stärker als erwartet fallen könnte.

Kein Anspruch auf Aufklärung über die Wahrscheinlichkeit des Verlusts

Der BGH stellte klar, dass die Bank keine weitergehenden Erläuterungen leisten musste, insbesondere:

Keine Aufklärung über den Grad der Wahrscheinlichkeit eines massiven Kursabsturzes.

Keine Erläuterungen zu einer möglichen schnellen Kurserholung oder zu den technischen Details der Orderausführung, die über die grundlegenden Risiken hinausgehen.

Begründung:

Diese weitergehenden Pflichten bestanden nicht, weil der Kunde bereits als erfahren galt. Er hatte:

Mehrjährige Erfahrung mit einem CHF-Fremdwährungsdarlehen.

Bereits Verluste erlitten und kannte daher die grundsätzlichen Risiken eines Fremdwährungskredits.

Zusammenfassend lässt sich sagen:

Die Bank muss die Risiken der Stop-Loss-Order klar und deutlich erklären, insbesondere dass der Auslösekurs unterboten werden kann. Sie muss dies aber nicht in Form einer umfassenden Beratung tun und muss keine Expertenanalyse über die Wahrscheinlichkeit eines Kursverlusts oder die Details der Marktentwicklung liefern, insbesondere wenn der Kunde aufgrund seiner Vorgeschichte bereits als erfahren in diesem Bereich gilt.

RA und Notar Krau

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