Pflichtteil Auskunft und Wertermittlung 

August 10, 2017
Pflichtteil Auskunft und Wertermittlung
OLG Köln 1 U 56/13
RA und Notar Krau
Das Oberlandesgericht (OLG) Köln hat in seinem Urteil vom 10.01.2014 entschieden,
dass ein Pflichtteilsberechtigter Anspruch
auf Auskunft und Wertermittlung auch dann hat, wenn das Firmenvermögen im Nachlass bereits veräußert wurde.

Sachverhalt:

Die Klägerin war Pflichtteilsberechtigte nach dem Tod ihres Vaters.

Zum Nachlass gehörte eine 10%ige Beteiligung an einer GmbH.

Die Beklagte, die Alleinerbin des Erblassers, hatte die Beteiligung kurz nach dem Erbfall veräußert.

Pflichtteil Auskunft und Wertermittlung

Die Klägerin verlangte von der Beklagten Auskunft über den Wert der Beteiligung sowie die Vorlage von Bilanzen, Gewinn- und Verlustrechnungen

und die Einholung eines Sachverständigengutachtens.

Entscheidung:

Das OLG Köln gab der Klage statt.

Begründung:

  • Anspruch auf Wertermittlung: Der Anspruch auf Wertermittlung ergibt sich aus § 2314 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB. Der Pflichtteilsberechtigte hat Anspruch auf die Ermittlung des Werts der Nachlassgegenstände durch einen Sachverständigen, wenn ihm die für die Bewertung notwendigen Informationen nicht selbst zugänglich sind.

  • Anspruch auf Vorlage von Unterlagen: Der Anspruch auf Vorlage von Unterlagen ergibt sich ebenfalls aus § 2314 Abs. 1 S. 2 BGB. Der Pflichtteilsberechtigte kann die Vorlage von Geschäftsunterlagen verlangen, die ihm die Ermittlung des Werts der Nachlassgegenstände ermöglichen.

Pflichtteil Auskunft und Wertermittlung

  • Veräußerung des Firmenvermögens: Die Veräußerung des Firmenvermögens nach dem Erbfall lässt die Ansprüche auf Auskunft und Wertermittlung nicht entfallen.

    • Der erzielte Kaufpreis ist nur dann ein Anhaltspunkt für die Bewertung, wenn der Verkauf auf dem freien Markt an einen unbeteiligten Dritten erfolgt. Im vorliegenden Fall erfolgte der Verkauf an die übrigen Gesellschafter der GmbH zu einem im Gesellschaftsvertrag festgelegten Preis.
    • Die Rechtsprechung des BGH zur Bewertung von Nachlassgegenständen anhand des im zeitlichen Zusammenhang mit dem Erbfall erzielten Verkaufserlöses ist nicht anwendbar, da sie sich auf die dritte Stufe einer pflichtteilsrechtlichen Stufenklage bezieht.
    • Die bereits erfolgte Bewertung nach dem sogenannten Stuttgarter Verfahren steht einer erneuten Begutachtung des Verkehrswertes nicht entgegen.
  • Widerklage: Die Widerklage der Beklagten, mit der sie Auskunft über Zuwendungen des Erblassers an die Klägerin verlangte, wurde abgewiesen.

    • Es ist zweifelhaft, ob ein solcher Auskunftsanspruch des Erben gegen den Pflichtteilsberechtigten überhaupt besteht.
    • Die Klägerin war dem Auskunftsverlangen ausreichend nachgekommen.

Fazit:

Das Urteil des OLG Köln stärkt die Rechte von Pflichtteilsberechtigten.

Es stellt klar, dass sie Anspruch auf Auskunft und Wertermittlung auch dann haben, wenn das Firmenvermögen im Nachlass bereits veräußert wurde.

Schlagworte

Warnhinweis:

Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

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