Pflichtteil Verjährung Anspruch Wertermittlung bei Stufenklage

Juli 16, 2017

Pflichtteil Verjährung Anspruch Wertermittlung bei Stufenklage

OLG München 20 U 3806/16

Ermittlung des Verkehrswerts

RA und Notar Krau

Vorinstanz:
LG Landshut, Endurteil vom 17.08.2016 – 44 O 3150/12

Die Klägerin machte als Ehefrau und Rechtsnachfolgerin eines Pflichtteilsberechtigten gegen die Beklagte, die Schwester des Erblassers, Pflichtteilsansprüche geltend.

Der Erblasser war im Jahr 2009 verstorben.

Die Klägerin erhob im Jahr 2012 eine Stufenklage, in der sie zunächst Auskunft über den Nachlass verlangte.

In den weiteren Stufen sollten die eidesstattliche Versicherung über die Richtigkeit der Auskunft und schließlich die Zahlung des Pflichtteils erfolgen.

Erst im Jahr 2015 beantragte die Klägerin zusätzlich die Ermittlung des Verkehrswerts eines im Nachlass befindlichen Wohnrechts.

Die Beklagte wandte ein, der Anspruch auf Wertermittlung sei verjährt.

Entscheidung des Oberlandesgerichts München:

Das Oberlandesgericht München gab der Berufung der Beklagten statt und wies den Antrag auf Wertermittlung als verjährt zurück.

Begründung:

  1. Verjährungsbeginn:

Das Gericht stellte fest, dass die dreijährige Verjährungsfrist für den Anspruch auf Wertermittlung

gemäß § 199 Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 229 Abs. 2 EGBGB am 31.12.2010 begonnen hatte.

Der Ehemann der Klägerin hätte spätestens innerhalb eines halben Jahres nach dem Tod des Erblassers im Jahr 2009 Kenntnis

von seinem Pflichtteilsanspruch und dem Anspruch auf Wertermittlung erlangen können.

Pflichtteil Verjährung Anspruch Wertermittlung bei Stufenklage

Selbst wenn er das Schreiben des Nachlassgerichts vom 14.08.2009 nicht erhalten haben sollte, hätte er sich innerhalb

dieser Frist über seinen Ausschluss von der Erbfolge informieren können.

Da das Wohnrecht dem Erblasser vom Ehemann der Klägerin selbst eingeräumt worden war, musste ihm dessen Existenz im Nachlass bekannt gewesen sein.

  1. Keine Hemmung der Verjährung durch die Stufenklage:

Die im Jahr 2012 erhobene Stufenklage hatte nicht zur Hemmung der Verjährung des Wertermittlungsanspruchs geführt, da dieser Anspruch nicht Streitgegenstand der Klage war.

  • Kein ausdrücklicher Antrag auf Wertermittlung: In der Klageschrift vom 19.11.2012 war kein ausdrücklicher Antrag auf Wertermittlung gestellt worden.
  • Wertermittlungsanspruch nicht im Auskunftsanspruch enthalten: Der in der ersten Stufe der Klage geltend gemachte Auskunftsanspruch nach § 2314 Abs. 1 Satz 2 BGB umfasst nicht den Anspruch auf Wertermittlung. Dieser stellt einen selbstständigen Anspruch dar, der vom Berechtigten gesondert geltend gemacht werden muss.
  • Kein einheitlicher Anspruch: Entgegen der Auffassung des Landgerichts bilden Auskunft und Wertermittlung keinen einheitlichen Anspruch. Zwar bilden Auskunft nach § 2314 Abs. 1 Satz 1 BGB und notarielles Verzeichnis nach § 2314 Abs. 1 Satz 3 BGB einen einheitlichen Anspruch, dies gilt jedoch nicht für den Anspruch auf Wertermittlung.
  • Wesen der Stufenklage: Aus dem Wesen der Stufenklage folgt nicht, dass die Verjährung bezüglich aller dem Zahlungsbegehren vorangehenden Ansprüche gehemmt wird, auch wenn diese nicht rechtshängig gemacht worden sind. Die Hemmung der Verjährung bei der Stufenklage bezieht sich nur auf den in der Klageschrift enthaltenen und rechtshängig gewordenen Zahlungsanspruch. Sie erstreckt sich nicht auf Ansprüche, die mit der Klage nicht geltend gemacht wurden.

Fazit:

Das Urteil des Oberlandesgerichts München verdeutlicht, dass der Anspruch auf Wertermittlung im Rahmen eines Pflichtteilsanspruchs

ein selbstständiger Anspruch ist, der vom Berechtigten gesondert geltend gemacht werden muss.

Die Erhebung einer Stufenklage auf Auskunft, eidesstattliche Versicherung und Zahlung hemmt die Verjährung des Wertermittlungsanspruchs nicht,

wenn dieser nicht ausdrücklich in der Klage geltend gemacht wird.

Hinweise:

  • Pflichtteilsberechtigte sollten bei der Geltendmachung ihrer Ansprüche sorgfältig prüfen, ob neben dem Auskunftsanspruch auch ein Anspruch auf Wertermittlung besteht und diesen gegebenenfalls rechtzeitig geltend machen.
  • Rechtsanwälte sollten bei der Formulierung von Stufenklagen darauf achten, dass alle relevanten Ansprüche ausdrücklich in der Klage aufgeführt werden, um eine Verjährung zu vermeiden.

Zusätzliche Informationen:

  • § 2314 BGB: Regelt den Auskunftsanspruch des Pflichtteilsberechtigten.
  • § 199 BGB: Regelt den Beginn der Verjährungsfrist.
  • Art. 229 Abs. 2 EGBGB: Enthält Übergangsvorschriften zum Schuldrechtsmodernisierungsgesetz.
  • Stufenklage: Eine Klage, bei der der Kläger mehrere Ansprüche in Stufen geltend macht, wobei die nachfolgenden Stufen von der Erfüllung der vorhergehenden Stufen abhängen.

 

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Warnhinweis:

Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

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