Pflichtteil Vorlage notarielles Verzeichnis trotz Dürftigkeitseinrede

August 10, 2017
Pflichtteil Vorlage notarielles Verzeichnis trotz Dürftigkeitseinrede
OLG München 23 U 3956/16
Anspruch des Pflichtteilsberechtigten auf Vorlage eines notariellen Verzeichnisses trotz Dürftigkeitseinrede

RA und Notar Krau

Das Oberlandesgericht München hat in seinem Urteil vom 01.06.2017 entschieden, dass ein Pflichtteilsberechtigter auch dann die Vorlage eines notariellen Nachlassverzeichnisses verlangen kann,

wenn der Erbe die Dürftigkeit des Nachlasses einwendet, sofern der Pflichtteilsberechtigte die Kosten für die Erstellung des Verzeichnisses übernimmt.

Hintergrund des Falls:

Der Kläger, ein Sohn des Erblassers, verlangte von der Beklagten, der Ehefrau des Erblassers und Alleinerbin, die Vorlage eines notariellen Nachlassverzeichnisses.

Die Beklagte hatte dem Kläger bereits ein privates Nachlassverzeichnis zukommen lassen und die Dürftigkeit des Nachlasses geltend gemacht.

Entscheidung des Gerichts:

Das OLG München bestätigte die Entscheidung des Landgerichts München I, wonach die Beklagte zur Vorlage eines notariellen Nachlassverzeichnisses auf Kosten des Klägers verpflichtet ist.

Begründung:

  • Anspruch auf notarielles Verzeichnis: Grundsätzlich hat ein Pflichtteilsberechtigter gemäß § 2314 Abs. 1 Satz 3 BGB einen Anspruch auf die Vorlage eines notariellen Nachlassverzeichnisses. Dieser Anspruch wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass der Erbe bereits ein privates Verzeichnis vorgelegt hat. Ein notarielles Verzeichnis bietet eine höhere Richtigkeitsgarantie, da der Notar für den Inhalt verantwortlich ist und zu eigenen Ermittlungen verpflichtet ist.

  • Dürftigkeitseinrede: Der Erbe kann die Vorlage eines notariellen Nachlassverzeichnisses verweigern, wenn der Nachlass dürftig ist und kein Aktivnachlass vorhanden ist, aus dem die Kosten für den Notar beglichen werden könnten.

  • Übernahme der Kosten durch den Pflichtteilsberechtigten: Im vorliegenden Fall hat der Kläger jedoch angeboten, die Kosten für das notarielle Verzeichnis zu übernehmen. Das Gericht entschied, dass die Beklagte sich unter diesen Umständen nicht auf die Dürftigkeit des Nachlasses berufen kann. Die Beklagte habe kein schutzwürdiges Interesse daran, die Erstellung des notariellen Verzeichnisses zu verhindern, wenn der Kläger die Kosten übernimmt.

Fazit:

Pflichtteil Vorlage notarielles Verzeichnis trotz Dürftigkeitseinrede

Das Urteil des OLG München stärkt die Rechte von Pflichtteilsberechtigten.

Es stellt klar, dass der Anspruch auf ein notarielles Nachlassverzeichnis auch dann besteht, wenn der Erbe die Dürftigkeit des Nachlasses einwendet.

Durch die Übernahme der Kosten kann der Pflichtteilsberechtigte sein Recht auf eine umfassende und zuverlässige Auskunft über den Nachlass durchsetzen.

Schlagworte

Warnhinweis:

Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

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