Pflichtteilentziehung: Wenn selbst der Pflichtteil versagt wird
Das deutsche Erbrecht sichert den nächsten Angehörigen eines Verstorbenen durch den Pflichtteil einen Mindestanspruch am Nachlass.
Doch es gibt Situationen, in denen selbst dieser minimale Anspruch verwehrt werden kann: die Pflichtteilentziehung.
Was ist der Pflichtteil?
Der Pflichtteil ist ein gesetzlich festgelegter Anspruch bestimmter naher Angehöriger (Abkömmlinge, Ehegatten, ggf. Eltern) auf einen Teil des Nachlasses, selbst wenn der Erblasser sie in seinem Testament enterbt hat.
Er beträgt die Hälfte des gesetzlichen Erbteils.
Was ist die Pflichtteilentziehung?
Die Pflichtteilentziehung ist ein schwerwiegender Eingriff in das Erbrecht des Pflichtteilsberechtigten.
Sie führt dazu, dass dieser seinen Anspruch auf den Pflichtteil vollständig verliert.
Die Gründe für eine solche Entziehung sind im Gesetz streng geregelt (§ 2333 BGB).
Gründe für die Pflichtteilentziehung
Das Gesetz nennt in § 2333 BGB vier Gründe, die zur Entziehung des Pflichtteils führen können:
Voraussetzungen der Pflichtteilentziehung
Verfahren zur Pflichtteilentziehung
Die Pflichtteilentziehung wird nicht von Amts wegen geprüft.
Der Erbe, der die Entziehung geltend machen will, muss dies im Rahmen eines Zivilprozesses tun.
Besonderheiten
Beispiel
Ein Vater enterbt seinen Sohn in seinem Testament und entzieht ihm gleichzeitig den Pflichtteil, weil dieser ihn jahrelang schwer misshandelt hat.
Nach dem Tod des Vaters macht die Tochter die Pflichtteilentziehung geltend.
Der Sohn erhält weder einen Erbteil noch einen Pflichtteil.
Pflichtteilentziehung im internationalen Kontext
Die Regelungen zur Pflichtteilentziehung sind im internationalen Erbrecht nicht einheitlich.
In einigen Ländern gibt es ähnliche Regelungen wie in Deutschland, in anderen Ländern ist das Institut der Pflichtteilentziehung unbekannt.
Bei grenzüberschreitenden Erbfällen ist daher immer zu prüfen, welches Recht Anwendung findet.
Fazit
Die Pflichtteilentziehung ist ein drastisches Mittel im Erbrecht, das nur in Ausnahmefällen angewendet werden sollte.
Sie dient dem Schutz des Erblassers vor schwerwiegenden Verfehlungen seiner nächsten Angehörigen und ermöglicht es ihm, seinen letzten Willen auch gegen den Pflichtteil durchzusetzen.