Pflichtteilsergänzung bei mehreren Geschenken an dieselbe Person

August 10, 2017

Das Oberlandesgericht Celle (OLG Celle) hat in seinem Urteil vom 14.11.2013 entschieden,

dass bei mehreren Schenkungen an dieselbe Person die Regeln zur Pflichtteilsergänzung entsprechend anzuwenden sind.

Konkret bedeutet dies, dass zuerst das spätere Geschenk für die Erfüllung des Pflichtteilsergänzungsanspruchs haftet.

Der Fall:

Pflichtteilsergänzung bei mehreren Geschenken an dieselbe Person

  • Kläger und Beklagte waren die Erben ihres Vaters.
  • Der Vater hatte der Beklagten zu Lebzeiten mehrere Schenkungen gemacht, darunter ein Grundstück und zwei Forderungen.
  • Der Kläger verlangte von der Beklagten die Ergänzung seines Pflichtteils.

Die Entscheidung:

Das OLG Celle gab dem Kläger teilweise Recht.

Es stellte fest, dass der Vater der Beklagten sowohl das Grundstück als auch die Forderungen in Schenkungsabsicht übertragen hatte.

Zentrale Punkte des Urteils:

  • Mehrfachschenkungen: Bei mehreren Schenkungen an dieselbe Person ist die Regelung des § 2329 Abs. 3 BGB entsprechend anzuwenden. Das bedeutet, dass der Pflichtteilsberechtigte seinen Anspruch zunächst aus dem zuletzt gemachten Geschenk befriedigen muss. Erst wenn dieses nicht ausreicht, kann er auf frühere Geschenke zurückgreifen.
  • Haftung des späteren Geschenks: Im vorliegenden Fall haftete daher zunächst die Schenkung der Forderungen für den Pflichtteilsergänzungsanspruch des Klägers. Da diese Forderungen jedoch bereits aufgelöst waren, konnte der Kläger seinen Anspruch nur noch teilweise durchsetzen.
  • Verjährung: Der Anspruch des Klägers auf Pflichtteilsergänzung aus der Schenkung der Forderungen war teilweise verjährt, da er ihn nicht rechtzeitig geltend gemacht hatte.
  • Gemischte Schenkung: Das Gericht stellte fest, dass die Übertragung des Grundstücks auf die Beklagte eine gemischte Schenkung war, da der Kaufpreis deutlich unter dem Verkehrswert lag.
  • Anrechnungspflichtige Schenkungen: Das Gericht prüfte auch, ob der Kläger selbst anrechnungspflichtige Schenkungen von seinem Vater erhalten hatte. Dies wurde jedoch verneint.

Pflichtteilsergänzung bei mehreren Geschenken an dieselbe Person

Fazit:

Das Urteil des OLG Celle verdeutlicht die Rechtslage bei Mehrfachschenkungen im Erbrecht.

Es schützt den mehrfach Beschenkten davor, dass er für die Erfüllung von Pflichtteilsansprüchen auf frühere Geschenke zurückgreifen muss,

solange spätere Geschenke hierfür ausreichen.

Wichtige Hinweise:

  • Dieses Urteil ist ein Beispiel für die Anwendung der Grundsätze zur Pflichtteilsergänzung bei Mehrfachschenkungen. Die konkrete Anwendung dieser Grundsätze kann in anderen Fällen variieren.
  • Es ist wichtig, dass Pflichtteilsberechtigte ihre Ansprüche rechtzeitig geltend machen, um eine Verjährung zu vermeiden.
  • Bei Fragen zu Pflichtteilsansprüchen und Schenkungen im Erbrecht sollte anwaltlicher Rat eingeholt werden.
RA und Notar Krau

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