Pflichtteilsergänzung – hindert Wohnungsrecht Anlauf 10-Jahres-Frist?

September 13, 2016

Pflichtteilsergänzung – hindert Wohnungsrecht Anlauf 10-Jahres-Frist?

Beginnt die Frist zur Berechnung des Pflichtteilsergänzungsanspruchs (§ 2325 III BGB) auch dann, wenn bei einer Schenkung ein Wohnungsrecht vorbehalten wird?

BGH IV ZR 474/15

RA und Notar Krau

Sachverhalt:

  • Der Kläger verlangt von seiner Mutter, der Alleinerbin seines Vaters, Pflichtteilsergänzung.
  • Die Eltern hatten 1993 ein Hausgrundstück auf den Bruder des Klägers übertragen und sich dabei ein Wohnungsrecht an den Räumlichkeiten im Erdgeschoss vorbehalten.
  • Der Kläger sieht darin eine Schenkung, die bei der Berechnung seines Pflichtteilanspruchs zu berücksichtigen ist.

Entscheidung des BGH:

Pflichtteilsergänzung – hindert Wohnungsrecht Anlauf 10-Jahres-Frist?

Der BGH wies die Revision des Klägers zurück und entschied, dass ihm kein Pflichtteilsergänzungsanspruch zusteht.

Die 10-Jahres-Frist des § 2325 III BGB war im Zeitpunkt des Erbfalls abgelaufen.

Begründung:

  • Grundsatz: Gemäß § 2325 BGB kann ein Pflichtteilsberechtigter bei Schenkungen des Erblassers Pflichtteilsergänzung verlangen. Die Schenkung wird jedoch im Laufe der Zeit weniger berücksichtigt (§ 2325 III BGB).
  • Fristbeginn: Die Frist beginnt mit dem „Leistungserfolg“, bei Grundstücken also mit der Umschreibung im Grundbuch.
  • Ausnahme: Der BGH hatte in früheren Entscheidungen entschieden, dass eine Schenkung erst dann als „geleistet“ gilt, wenn der Erblasser nicht nur das Eigentum aufgibt, sondern auch auf die Nutzung des verschenkten Gegenstands verzichtet. Dies ist z.B. der Fall, wenn er sich den Nießbrauch vorbehält.
  • Wohnungsrecht: Der BGH stellte klar, dass diese Rechtsprechung auch nach der Neufassung des § 2325 III BGB im Jahr 2010 weiterhin gilt. Ob ein vorbehaltenes Wohnrecht den Fristbeginn hindert, kann nicht pauschal beantwortet werden. Maßgeblich sind die Umstände des Einzelfalls.
  • Konkreter Fall: Im vorliegenden Fall war der Fristbeginn nicht gehindert. Die Eltern hatten sich nur ein Wohnungsrecht an einem Teil des Hauses vorbehalten. Sie waren nicht mehr „Herr im Haus“ und konnten das Grundstück nicht mehr in der bisherigen Art und Weise nutzen.

Pflichtteilsergänzung – hindert Wohnungsrecht Anlauf 10-Jahres-Frist?

Wesentliche Punkte des Urteils:

  • Der BGH bestätigte seine frühere Rechtsprechung, wonach der Fristbeginn bei Schenkungen unter Nutzungsvorbehalt verschoben sein kann.
  • Ob ein vorbehaltenes Wohnrecht den Fristbeginn hindert, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab.
  • Im vorliegenden Fall begann die Frist mit der Umschreibung im Grundbuch, da die Eltern nur ein eingeschränktes Wohnrecht hatten und das Grundstück nicht mehr frei nutzen konnten.

Hinweise:

  • Das Urteil verdeutlicht die Bedeutung der 10-Jahres-Frist bei Pflichtteilsergänzungsansprüchen.
  • Bei Schenkungen unter Nutzungsvorbehalt ist im Einzelfall zu prüfen, ob der Fristbeginn verschoben ist.
  • Die Einräumung eines Wohnungsrechts kann den Fristbeginn hindern, wenn der Erblasser das Grundstück weiterhin im Wesentlichen nutzen kann.

Schlagworte

Warnhinweis:

Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

Benötigen Sie eine Beratung oder haben Sie Fragen?

Rufen Sie uns an oder schreiben Sie uns eine E-Mail, damit wir die grundsätzlichen Fragen klären können.

Durch die schlichte Anfrage kommt noch kein kostenpflichtiges Mandat zustande.

Warnhinweis:

Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

Benötigen Sie eine Beratung oder haben Sie Fragen?

Rufen Sie uns an oder schreiben Sie uns eine E-Mail, damit wir die grundsätzlichen Fragen klären können.

Durch die schlichte Anfrage kommt noch kein kostenpflichtiges Mandat zustande.

Letzte Beiträge

Ausschlagungsfrist Kenntnis des Betreuers dem Erben zuzurechnen

Ausschlagungsfrist Kenntnis des Betreuers dem Erben zuzurechnen

Februar 9, 2025
Ausschlagungsfrist Kenntnis des Betreuers dem Erben zuzurechnenBeschluss OLG Celle vom 02.12.2024 (6 W 142/24) zum ErbscheinsverfahrenRA u…
Nachweis Errichtung Testament

Nachweis Errichtung Testament

Februar 9, 2025
Nachweis Errichtung TestamentOLG Brandenburg Beschluss vom 28.11.2024 – 3 W 131/24RA und Notar KrauIn dem vorliegenden Beschluss des O…
Akteneinsichtsrecht nicht beteiligter Dritter im Erbscheinsverfahren

Akteneinsichtsrecht nicht beteiligter Dritter im Erbscheinsverfahren

Februar 9, 2025
Akteneinsichtsrecht nicht beteiligter Dritter im ErbscheinsverfahrenBeschluss OLG Brandenburg vom 30.12.2024 – 11 VA 3/24RA und Notar Krau…