Pflichtteilsergänzung Lebensversicherung 

Oktober 28, 2017

Pflichtteilsergänzung Lebensversicherung

Wert der in der letzten Sekunde des Lebens hätte erzielt werden können

BGH IV ZR 230/08

Der Bundesgerichtshof (BGH) änderte mit diesem Urteil seine Rechtsprechung zur Bewertung von Lebensversicherungen bei der Pflichtteilsergänzung gemäß § 2325 BGB.

Wendet der Erblasser die Todesfallleistung aus einer Lebensversicherung einem Dritten über ein widerrufliches Bezugsrecht zu,

ist für die Berechnung des Pflichtteilsergänzungsanspruchs nicht die

gesamte Versicherungsleistung, sondern der Wert maßgeblich, den der Erblasser in der letzten Sekunde seines Lebens durch

Verwertung seiner Rechte aus dem Versicherungsvertrag hätte erzielen können.

Hintergrund:

Die Kläger, Söhne des Erblassers aus erster Ehe, verlangten von der Beklagten, der zweiten Ehefrau des Erblassers,

Auskunft über die Höhe der Lebensversicherungsleistungen, die ihr als Bezugsberechtigte ausgezahlt wurden.

Der Erblasser hatte die Beklagte als Alleinerbin und widerruflich als Bezugsberechtigte zweier Lebensversicherungen eingesetzt.

Pflichtteilsergänzung Lebensversicherung

Die Kläger wollten ihren Pflichtteilsergänzungsanspruch geltend machen und benötigten hierfür die Auskunft über die Versicherungsleistungen.

Entscheidung des Gerichts:

Der BGH hob das Berufungsurteil auf und verwies die Sache zurück.

1. Auskunftsanspruch:

Den Klägern stand ein Auskunftsanspruch gemäß § 2314 BGB zu, der sich auch auf den fiktiven Nachlassbestand, also auf die Lebensversicherungen, erstreckte.

2. Änderung der Rechtsprechung:

Der BGH gab seine bisherige Rechtsprechung auf, wonach für die Berechnung des Pflichtteilsergänzungsanspruchs die gezahlten Prämien maßgeblich sind.

Er folgte auch nicht der neuen Rechtsprechung des IX. Zivilsenats zum Insolvenzrecht, wonach die gesamte Versicherungsleistung zu berücksichtigen ist.

3. Maßgeblicher Wert:

Maßgeblich ist der Wert, den der Erblasser in der letzten Sekunde seines Lebens durch Verwertung seiner Rechte aus dem Versicherungsvertrag hätte erzielen können.

Dies ist in der Regel der Rückkaufswert.

Gegebenenfalls kann auch ein höherer Veräußerungswert berücksichtigt werden.

4. Begründung:

  • Der Schenkungsgegenstand im Valutaverhältnis ist zwar der Anspruch auf die gesamte Versicherungsleistung.
  • Für die Berechnung des Pflichtteilsergänzungsanspruchs ist jedoch der Wert maßgeblich, um den das Vermögen des Erblassers entreichert wird.
  • Dies ist der Wert, den der Erblasser durch Verwertung seiner Rechte aus dem Versicherungsvertrag zuletzt noch hätte realisieren können.
  • Die Änderung der Rechtsprechung zum Insolvenzrecht ist nicht auf das Erbrecht übertragbar, da die Interessenlage eine andere ist.

5. Berechnung:

Der Wert der Rechte aus dem Versicherungsvertrag ist in der letzten Sekunde des Lebens des Erblassers zu bestimmen.

Pflichtteilsergänzung Lebensversicherung

In der Regel ist dies der Rückkaufswert.

Ein höherer Veräußerungswert muss vom Pflichtteilsberechtigten nachgewiesen werden.

Fazit:

Der BGH änderte mit diesem Urteil seine Rechtsprechung zur Bewertung von Lebensversicherungen bei der Pflichtteilsergänzung.

Die Entscheidung hat Auswirkungen auf die Praxis des Erbrechts und der Nachlassplanung.

Zusätzliche Informationen:

  • Das Urteil verdeutlicht die Unterschiede zwischen dem Valutaverhältnis und der Rechtsfolgenseite des § 2325 BGB.
  • Die Entscheidung zeigt, dass die Rechtsprechung zum Insolvenzrecht nicht immer auf das Erbrecht übertragbar ist.
  • Die Berechnung des Pflichtteilsergänzungsanspruchs kann komplex sein und erfordert eine sorgfältige Prüfung der Umstände des Einzelfalls.
RA und Notar Krau

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