Pflichtteilsergänzung wegen Abfindung für Verzicht auf gesetzliches Erbrecht

Mai 20, 2017

Pflichtteilsergänzung wegen Abfindung für Verzicht auf gesetzliches Erbrecht

BGH IV ZR 58/07

Pflichtteilsergänzungsanspruch eines Abkömmlings wegen Abfindung an anderen Abkömmling für Verzicht auf das gesetzliche Erbrecht

RA und Notar Krau

Die Klägerin verlangte von ihrer Nichte (Beklagte zu 1) als Alleinerbin ihrer Mutter Pflichtteil und Pflichtteilsergänzung.

Der Beklagte zu 2 war der Testamentsvollstrecker.

Die Schwester der Klägerin hatte zu Lebzeiten auf ihr Erbe verzichtet und dafür eine Abfindung erhalten.

Die Klägerin sah darin eine Schenkung und somit einen Pflichtteilsergänzungsanspruch.

Streitpunkte:

  • Höhe des Pflichtteils: Waren die Kosten der Testamentsvollstreckung und die Anwaltskosten des Testamentsvollstreckers bei der Berechnung des Nachlasswertes zu berücksichtigen?
  • Pflichtteilsergänzung: Steht der Klägerin aufgrund der Abfindung an ihre Schwester ein Pflichtteilsergänzungsanspruch zu?
  • Zinsen: In welcher Höhe und für welchen Zeitraum stehen der Klägerin Zinsen zu?

Entscheidung des BGH:

Der BGH wies die Revision der Klägerin zurück und gab der Revision der Beklagten teilweise statt.

1. Höhe des Pflichtteils:

Der BGH bestätigte die Entscheidung des Berufungsgerichts, dass die Kosten der Testamentsvollstreckung

und die Anwaltskosten des Testamentsvollstreckers bei der Berechnung des Nachlasswertes zu berücksichtigen waren.

  • Testamentsvollstreckungskosten: Die Testamentsvollstreckung diente im vorliegenden Fall nicht nur den Interessen der Erbin, sondern auch der Verwaltung des Nachlasses und damit auch dem Interesse der Klägerin.
  • Anwaltskosten: Die Anwaltskosten des Testamentsvollstreckers entstanden in einem Verfahren, das die Erblasserin noch zu Lebzeiten angestrengt hatte, um die Wirksamkeit des Erbverzichtsvertrages feststellen zu lassen. Die Klärung dieser Frage war auch für die Klägerin von Nutzen.

Pflichtteilsergänzung wegen Abfindung für Verzicht auf gesetzliches Erbrecht

2. Pflichtteilsergänzung:

Der BGH verneinte einen Anspruch auf Pflichtteilsergänzung.

  • Abfindung als unentgeltliche Zuwendung: Der BGH bestätigte seine frühere Rechtsprechung, wonach die Abfindung für einen Erbverzicht als unentgeltliche Zuwendung einzuordnen ist.
  • Ausgleich durch erhöhten Pflichtteil: Eine Pflichtteilsergänzung kommt aber nur in Betracht, soweit die Leistung des Erblassers an den Verzichtenden über eine angemessene Abfindung für dessen Erbverzicht hinausgeht. Im vorliegenden Fall war die Abfindung durch die Erhöhung des Pflichtteils der Klägerin ausgeglichen.

3. Zinsen:

Der BGH gab der Revision der Beklagten teilweise statt.

  • Verzug: Die Klägerin hatte die Beklagten wirksam in Verzug gesetzt. Die Beklagten konnten sich nicht auf einen entschuldigenden Rechtsirrtum berufen.
  • Verzugszinsen: Die Beklagten schuldeten Verzugszinsen, jedoch nur bis zum 6. April 2003, dem Tag des Zahlungseingangs.
  • Prozesszinsen: Ein Anspruch auf Prozesszinsen bestand nicht, da die Beklagten mit ihrer Zahlung den geschuldeten Betrag vollständig getilgt hatten.
  • Tilgungsbestimmung: Die Beklagten hatten mit ihrer Zahlung eine Tilgungsbestimmung getroffen, wonach die Zahlung zunächst auf die Hauptforderung und dann auf die Zinsen zu verrechnen war.

Fazit:

Das Urteil verdeutlicht die Komplexität von Pflichtteils- und Pflichtteilsergänzungsansprüchen, insbesondere im Zusammenhang mit Erbverzichtsverträgen.

Die Berücksichtigung der Kosten der Testamentsvollstreckung und die Verneinung eines Pflichtteilsergänzungsanspruchs zeigen,

dass der BGH die Interessen aller Beteiligten berücksichtigt und eine gerechte Lösung anstrebt.

Schlagworte

Warnhinweis:

Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

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