Pflichtteilsergänzungsanspruch Voraussetzungen und Berechnung des Anspruchs gegen den Beschenkten – OLG Frankfurt 1 U 37/05

Juli 17, 2020

Pflichtteilsergänzungsanspruch Voraussetzungen und Berechnung des Anspruchs gegen den Beschenkten – OLG Frankfurt 1 U 37/05

Zusammenfassung RA und Notar Krau

Das Urteil des Oberlandesgerichts (OLG) Frankfurt vom 11. Mai 2006 – 1 U 37/05 behandelt einen Pflichtteilsergänzungsanspruch

und die damit verbundene Berechnung sowie die Bestimmung der Haftungsreihenfolge unter den Beschenkten.

Im Folgenden wird das Urteil zusammengefasst, wobei der Fokus auf den relevanten Details des Falles und der rechtlichen Begründung liegt.

Sachverhalt

Die Kläger und der Beklagte zu 1) sind die Kinder des am 21. August 1992 verstorbenen Erblassers.

Der Erblasser setzte den Beklagten zu 1) in einem notariellen Testament vom 25. Oktober 1989 zu seinem Alleinerben ein.

Der Beklagte zu 2) wurde zum Nachlassverwalter bestellt.

Der Erblasser schenkte dem Kläger zu 1) durch notariellen Vertrag vom 27. Dezember 1991 ein Grundstück, verbunden mit diversen Zahlungsverpflichtungen.

Durch einen weiteren Vertrag vom 16. April 1992 übertrug der Erblasser dem Beklagten zu 1) einen Forsthof mit verschiedenen Nutzungsrechten.

Dabei übernahm der Beklagte zu 1) ebenfalls eine Verbindlichkeit.

Pflichtteilsergänzungsanspruch Voraussetzungen und Berechnung des Anspruchs gegen den Beschenkten – OLG Frankfurt 1 U 37/05

Am selben Tag schloss der Beklagte zu 1) für sich und als vollmachtloser Vertreter der Klägerin zu 3) einen Vertrag, durch den auf Pflichtteilsergänzungsansprüche verzichtet wurde.

Dieser Vertrag wurde jedoch nicht von der Klägerin zu 3) genehmigt.

Die Kläger erhoben eine Stufenklage auf Auskunft über den Nachlass und hilfsweise auf Duldung der Zwangsvollstreckung in den geschenkten Grundbesitz des Beklagten zu 1).

Entscheidung des Landgerichts

Das Landgericht Hanau verurteilte den Beklagten zu 1) zur Duldung der Zwangsvollstreckung in den übertragenen Grundbesitz und erklärte die Klage gegen den Beklagten zu 2) dem Grunde nach für gerechtfertigt.

Der Nachlasswert wurde auf 700.000 DM festgelegt.

Berufungsverfahren

Der Beklagte zu 1) legte Berufung ein und wiederholte seine Argumente, insbesondere zur Anfechtung der Abtretung von Pflichtteilsansprüchen und zur Bewertung des Forsthofs.

Die Kläger beantragten ebenfalls die Abänderung des erstinstanzlichen Urteils.

Pflichtteilsergänzungsanspruch Voraussetzungen und Berechnung des Anspruchs gegen den Beschenkten – OLG Frankfurt 1 U 37/05

Urteil des OLG Frankfurt

Das OLG Frankfurt änderte das Urteil des Landgerichts teilweise ab und entschied wie folgt:

Haftung des Beklagten zu 1)

Der Beklagte zu 1) wurde verurteilt, die Zwangsvollstreckung in den ihm übertragenen Forsthof wegen eines Gesamtbetrages von 143.656,24 €

zu Gunsten des Klägers zu 1), 31.386,89 € zu Gunsten des Klägers zu 2) und 27.008,88 € zu Gunsten der Klägerin zu 3) zu dulden.

Berechnung der Pflichtteilsergänzungsansprüche

Die Berechnung der Pflichtteilsergänzungsansprüche basierte auf folgenden Schritten:

Ermittlung des Nachlasswerts:

Der Nachlass wurde mit 700.000 DM angesetzt.

Berücksichtigung der Schenkungen:

Die Schenkungen an den Kläger zu 1) (X) und den Beklagten zu 1) (Forsthof Y) wurden berücksichtigt.

Pflichtteilsergänzungsanspruch Voraussetzungen und Berechnung des Anspruchs gegen den Beschenkten – OLG Frankfurt 1 U 37/05

Der Verkehrswert des X wurde auf 5.475.000 DM festgelegt, der Ertragswert des Forsthofs Y auf 1.440.000 DM.

Ausgleichspflichtige Zuwendungen:

Der Pflichtteilsergänzungsanspruch der C wurde um den Wert der Schenkung an den Kläger zu 1) erhöht.

Der Verzicht der C auf Ergänzungsansprüche hinsichtlich des Forsthofs Y wurde anerkannt.

Haftung des Beklagten zu 1):

Der Beklagte zu 1) haftete mit einem Anteil von 22,95% an den fehlenden Pflichtteilsergänzungsbeträgen, da die Schenkungen an den Kläger zu 1) und den Beklagten zu 1) als gleichzeitig betrachtet wurden.

Rechtsgrundlagen

Die Entscheidung stützt sich auf die §§ 2329, 2316, 2050, 1624, 2312 und 138 BGB sowie auf Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH).

Pflichtteilsergänzungsanspruch Voraussetzungen und Berechnung des Anspruchs gegen den Beschenkten – OLG Frankfurt 1 U 37/05

Kostenentscheidung

Die Kosten des Berufungsverfahrens wurden wie folgt aufgeteilt:

Der Kläger zu 1) trägt 55,17%, der Kläger zu 2) 12,92%, die Klägerin zu 3) 13,33% und der Beklagte zu 1) 18,58% der Gerichtskosten.

Die außergerichtlichen Kosten wurden ebenfalls anteilig aufgeteilt.

Vorläufige Vollstreckbarkeit

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Jede Partei kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung abwenden.

Revisionszulassung

Die Revision wurde nicht zugelassen, da die gesetzlichen Voraussetzungen hierfür nicht vorlagen.

Fazit

Das Urteil des OLG Frankfurt konkretisiert die Voraussetzungen und Berechnungen für Pflichtteilsergänzungsansprüche und legt die Haftungsreihenfolge unter den Beschenkten fest.

Die detaillierte Berechnung und rechtliche Analyse bieten wichtige Präzedenzfälle für zukünftige Erbstreitigkeiten.

Schlagworte

Warnhinweis:

Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

Benötigen Sie eine Beratung oder haben Sie Fragen?

Rufen Sie uns an oder schreiben Sie uns eine E-Mail, damit wir die grundsätzlichen Fragen klären können.

Durch die schlichte Anfrage kommt noch kein kostenpflichtiges Mandat zustande.

Warnhinweis:

Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

Benötigen Sie eine Beratung oder haben Sie Fragen?

Rufen Sie uns an oder schreiben Sie uns eine E-Mail, damit wir die grundsätzlichen Fragen klären können.

Durch die schlichte Anfrage kommt noch kein kostenpflichtiges Mandat zustande.

Letzte Beiträge

§ 2270 BGB nur auf gemeinschaftliches Testament und nicht auf Verfügungen in Erbvertrag anwendbar

§ 2270 BGB nur auf gemeinschaftliches Testament und nicht auf Verfügungen in Erbvertrag anwendbar

Mai 12, 2025
§ 2270 BGB nur auf gemeinschaftliches Testament und nicht auf Verfügungen in Erbvertrag anwendbarRA und Notar KrauDas Urteil des Bundesgeric…
Entlassung des Testamentsvollstreckers wegen beleidigender Äußerungen über Erben

Entlassung des Testamentsvollstreckers wegen beleidigender Äußerungen über Erben

Mai 8, 2025
Entlassung des Testamentsvollstreckers wegen beleidigender Äußerungen über ErbenOLG Zweibrücken Beschluss vom 17.2.2025 –&nb…
Kostenentscheidung in einem Nachlassverfahren

Kostenentscheidung in einem Nachlassverfahren

Mai 8, 2025
Kostenentscheidung in einem NachlassverfahrenRA und Notar KrauIn dem vorliegenden Beschluss des Bundesgerichtshofs (IV ZB 18/24) vom 23. Apr…