Pflichtteilslast des Ersatzerben – BGH Urteil vom 09. März 1983 – IVa ZR 211/81
Zusammenfassung RA und Notar Krau
Der Fall betrifft das Erbrecht und die Pflichtteilslast eines Ersatzerben.
Der verstorbene Kaufmann R H hinterließ ein Testament, in dem er seine dritte Ehefrau und seine Tochter aus zweiter Ehe als Erben einsetzte.
Nach Ausschlagung des Erbteils durch die Tochter wurde der Enkel (Beklagter) als Ersatzerbe eingesetzt.
Prozessgeschichte
Landgericht München I, Urteil vom 15. April 1980:
Das Landgericht entschied zugunsten der Klägerin (Ehefrau des Erblassers) und verurteilte den Beklagten zur Zahlung von 2 Mio. DM.
Oberlandesgericht München, Urteil vom 29. September 1981:
Das Oberlandesgericht bestätigte im Wesentlichen die Entscheidung des Landgerichts.
BGH, Urteil vom 09. März 1983:
Der BGH hob das Urteil des Oberlandesgerichts teilweise auf und änderte das Urteil des Landgerichts ab.
Tenor des BGH-Urteils
Der Beklagte wurde verurteilt, an die Klägerin 1.960.000 DM nebst 4% Zinsen seit dem 1. März 1979 zu zahlen.
Die Klage wurde im Übrigen abgewiesen.
Dem Beklagten bleibt vorbehalten, seine Haftung auf den Nachlass zu beschränken.
Die Kosten des Rechtsstreits wurden größtenteils dem Beklagten auferlegt.
Der Erblasser hinterließ seine dritte Ehefrau und seine Tochter aus zweiter Ehe.
Im Testament wurde die Ehefrau zu 51% und die Tochter zu 49% als Erben eingesetzt.
Die Ehefrau erhielt ein Vorausvermächtnis, und die Tochter sollte hinsichtlich ihres Anteils Vorerbin sein.
Der Enkel (Beklagter) wurde als Nacherbe der Tochter eingesetzt.
Der Nachlass bestand hauptsächlich aus Grundbesitz und Geschäftsanteilen an der R H GmbH.
Die Tochter des Erblassers schlug die Erbschaft aus und verlangte ihren Pflichtteil, der teilweise von der Ehefrau des Erblassers ausgezahlt wurde.
Die Klägerin forderte nun vom Beklagten den Ersatz dieses Pflichtteils.
Entscheidungsgründe des BGH
Zulässigkeit der Berufung:
Die Berufung des Streithelfers des Beklagten wurde als zulässig erachtet, da sie nicht im Widerspruch zu den Handlungen der Hauptpartei stand.
Pflichtteil der Mutter des Beklagten:
Durch die Ausschlagung des Erbteils erlangte die Mutter des Beklagten einen Pflichtteilsanspruch.
Der Beklagte musste diesen Pflichtteil im Innenverhältnis der Erben gemäß § 2320 BGB allein tragen, da er als Ersatzerbe an die Stelle seiner Mutter trat.
Verteilung der Pflichtteilslast:
Die Pflichtteilslast ist gemäß § 2320 Abs. 2 BGB zu tragen von demjenigen, dem der gesetzliche Erbteil des Pflichtteilsberechtigten zugewendet wurde.
Im vorliegenden Fall war dies der Beklagte.
Vermächtnis:
Ein Kürzungsrecht des Beklagten gemäß § 2318 BGB bestand nicht, da § 2322 BGB speziellere Regelungen für den Fall der Ausschlagung enthält.
Haftungsbeschränkung:
Der Vorbehalt der Haftungsbeschränkung wurde vom BGH nachgeholt, da das Berufungsgericht dies unterlassen hatte.
Schlussfolgerungen
Das Urteil des BGH befasst sich intensiv mit der Pflichtteilsproblematik und der Rolle des Ersatzerben im deutschen Erbrecht.
Es stellt klar, dass der Ersatzerbe die Pflichtteilslast der ausgeschlagenen Erbschaft tragen muss, sofern keine abweichende Anordnung des Erblassers vorliegt.
Des Weiteren wird die Möglichkeit der Haftungsbeschränkung des Erben betont, wenn dies im Urteil vorbehalten wird.
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