Pflichtteilsrecht – notwendiger Inhalt eines notariellen Nachlassverzeichnisses
LG Aurich 5 O 367/04
Urteil vom 07. Juli 2004
Das Urteil des Landgerichts Aurich verurteilt den Beklagten zu 1) zur Auskunftserteilung über den Nachlass der Verstorbenen
durch Vorlage eines notariellen Verzeichnisses gemäß § 2314 BGB, das Folgendes umfassen muss:
Alle zum Erbfall tatsächlich vorhandenen Sachen und Forderungen
Alle Nachlassverbindlichkeiten
Alle ergänzungspflichtigen Schenkungen, die der Erblasser zu Lebzeiten getätigt hat, sowie die Angabe des Güterstandes, in dem die Verstorbene mit ihrem ebenfalls verstorbenen Ehemann gelebt hat
Die Kostenentscheidung wurde der Schlussentscheidung vorbehalten.
Die Klägerin, Tochter der Verstorbenen, macht Pflichtteilsansprüche geltend und begehrt Auskunft über den Nachlass im Wege der Stufenklage.
Der Beklagte zu 1) ist der Enkel der Verstorbenen, und die Beklagte zu 2) ist dessen Ehefrau.
Die Erblasserin und ihr verstorbener Ehemann hatten am 23.03.1999 ein gemeinschaftliches Testament errichtet,
in dem die Klägerin und ihr Bruder auf den Pflichtteil gesetzt und der Beklagte zu 1) als Haupterbe sowie die Beklagte zu 2) als Erbin des Familienschmucks bestimmt wurden.
Nach Aufforderung durch die Klägerin ließ der Beklagte zu 1) ein notarielles Nachlassverzeichnis erstellen, das später ergänzt wurde.
Die Klägerin hält die erteilten Auskünfte für unvollständig und unzureichend und verlangt, bei der Erstellung des Verzeichnisses hinzugezogen zu werden.
Anträge
Die Klägerin beantragt die Verurteilung des Beklagten zu 1) zur Auskunftserteilung, gegebenenfalls an Eides statt zu versichern,
dass die Angaben nach bestem Wissen und Gewissen erfolgt sind, und eine Zahlung von 1/4 des durch die Auskunft ermittelten Betrags.
Weiter beantragt sie die Verurteilung der Beklagten zu 2) zur Auskunftserteilung über ergänzungspflichtige
Schenkungen und gegebenenfalls ebenfalls an Eides statt zu versichern, dass die Auskünfte vollständig sind.
Die Beklagten beantragen die Abweisung der Klage, halten jedoch die erteilten Auskünfte für hinreichend.
Die Klage ist gegenüber dem Beklagten zu 1) begründet.
Nach § 2314 BGB hat die Klägerin als Pflichtteilsberechtigte Anspruch auf Auskunft über den Nachlassbestand.
Diese Auskunft muss durch ein notarielles Verzeichnis erfolgen, das die Klägerin bei der Aufnahme hinzugezogen wird und der Wert der Nachlassgegenstände ermittelt wird.
Das bisher vorgelegte Verzeichnis des Beklagten zu 1) erfüllt diese Anforderungen nicht.
Die Klägerin wurde bei der Erstellung des Verzeichnisses nicht hinzugezogen, obwohl ihr der Termin mitgeteilt wurde, hatte sie keine ausreichende Gelegenheit, sich darauf einzustellen.
Das Verzeichnis des Notars, das lediglich die Erklärungen des Beklagten zu 1) beurkundet, erfüllt nicht die Voraussetzungen eines ordnungsgemäßen Nachlassverzeichnisses nach § 2314 BGB.
Ein solches Verzeichnis muss durch den Notar eigenständig ermittelt und aufgenommen werden, um sicherzustellen, dass die Angaben wahrheitsgemäß sind.
Die bloße Beurkundung der Angaben des Auskunftspflichtigen genügt nicht.
Da die Klägerin berechtigte Einwendungen gegen die Richtigkeit des vorgelegten Verzeichnisses hat, ist ihr Verlangen nach einer erneuten Verzeichniserstellung nicht rechtsmissbräuchlich.
Daher war dem Auskunftsantrag gegenüber dem Beklagten zu 1) durch Teilurteil zu entsprechen.
Zusammenfassung der zentralen Punkte des Urteils:
Pflicht zur Auskunftserteilung:
Der Beklagte zu 1) muss ein vollständiges notarielles Nachlassverzeichnis vorlegen, das alle relevanten Informationen zum Nachlass umfasst.
Teilnahme der Pflichtteilsberechtigten:
Die Klägerin hat das Recht, bei der Erstellung des Verzeichnisses anwesend zu sein und die Ermittlung des Nachlasswertes zu verlangen.
Das Verzeichnis muss durch den Notar eigenständig ermittelt werden, eine bloße Beurkundung der Angaben des Erben reicht nicht aus.
Rechtsmissbrauch ausgeschlossen:
Das Verlangen nach einer erneuten Erstellung des Verzeichnisses ist berechtigt, wenn begründete Zweifel an der Richtigkeit des bisherigen Verzeichnisses bestehen.
Das Urteil betont die Rechte der Pflichtteilsberechtigten auf umfassende und wahrheitsgemäße Auskunft über den Nachlass und stellt klar,
dass notarielle Verzeichnisse nicht nur formale Akte sind, sondern substantielle Erhebungen durch den Notar erfordern.
Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.
Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.
Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.
Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.
Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.
Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.
Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.
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Durch die schlichte Anfrage kommt noch kein kostenpflichtiges Mandat zustande.