Pflichtteilsrecht verfassungsgemäß

August 30, 2017

Pflichtteilsrecht verfassungsgemäß

BUNDESVERFASSUNGSGERICHT 1 BvR 2464/97

RA und Notar Krau

Der Beschwerdeführer und seine verstorbene Ehefrau hatten ein gemeinschaftliches Testament errichtet, in dem sie sich gegenseitig als Alleinerben einsetzten

und dem Überlebenden die freie Verfügung über das Vermögen ermöglichten.

Ihr jüngster Sohn, der seit Jahren keinen Kontakt mehr zur Familie hatte, verlangte nach dem Tod der Mutter seinen Pflichtteil.

Der Beschwerdeführer sah in den gesetzlichen Regelungen zum Pflichtteil einen Verstoß gegen die Erbrechtsgarantie des Art. 14 Abs. 1 GG und den Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG).

Kernaussagen des Beschlusses:

Pflichtteilsrecht verfassungsgemäß

  • Pflichtteilsrecht ist verfassungsgemäß: Das Bundesverfassungsgericht entschied, dass das gesetzliche Pflichtteilsrecht mit der Erbrechtsgarantie des Art. 14 Abs. 1 GG vereinbar ist.
  • Testierfreiheit und Verwandtenerbrecht: Die Erbrechtsgarantie schützt zwar die Testierfreiheit des Erblassers, räumt dem Gesetzgeber aber gleichzeitig die Möglichkeit ein, Inhalt und Schranken des Erbrechts zu bestimmen. Dazu gehört auch die Regelung des Pflichtteilsrechts, das die Testierfreiheit zugunsten des Verwandtenerbrechts einschränkt.
  • Verhältnismäßigkeit: Die Beschränkung der Testierfreiheit durch das Pflichtteilsrecht ist verhältnismäßig, da sie dem Schutz der Familie und der Sicherung der wirtschaftlichen Existenz von nahen Angehörigen dient.
  • Pflichtteilsentziehung: Ob die Regelungen zur Pflichtteilsentziehung in § 2333 BGB verfassungskonform sind, ließ das Gericht offen. Im vorliegenden Fall war dies nicht relevant, da die Erblasserin ihrem Sohn den Pflichtteil nicht entzogen hatte.
  • Keine Verletzung des Gleichheitssatzes: Die Rüge des Beschwerdeführers, der Gleichheitssatz sei verletzt, weil in den neuen Bundesländern noch die Regelungen des ZGB zum Pflichtteilsrecht gelten, wurde als unzulässig zurückgewiesen.

Begründung:

  • Testierfreiheit als Teil der Erbrechtsgarantie: Die Testierfreiheit ist ein wichtiges Element der Erbrechtsgarantie und ermöglicht es dem Erblasser, den Übergang seines Vermögens nach dem Tod frei zu regeln.
  • Pflichtteilsrecht als Schranke der Testierfreiheit: Das Pflichtteilsrecht schränkt die Testierfreiheit ein, indem es nahen Angehörigen einen Mindestanteil am Nachlass garantiert.
  • Ausgleich zwischen Testierfreiheit und Verwandtenerbrecht: Das Pflichtteilsrecht stellt einen Ausgleich zwischen der Testierfreiheit des Erblassers und dem Interesse der Familie am Nachlass dar.
  • Schutz der Familie: Das Pflichtteilsrecht dient dem Schutz der Familie und soll sicherstellen, dass nahe Angehörige nicht enterbt werden und in wirtschaftliche Not geraten.

Pflichtteilsrecht verfassungsgemäß

Fazit:

Das Bundesverfassungsgericht hat mit diesem Beschluss klargestellt, dass das gesetzliche Pflichtteilsrecht verfassungsgemäß ist

und die Testierfreiheit des Erblassers zugunsten des Verwandtenerbrechts einschränken darf.

Die Regelungen zum Pflichtteil dienen dem Schutz der Familie und stellen einen angemessenen Ausgleich zwischen den Interessen des Erblassers und seinen nahen Angehörigen dar.

Schlagworte

Warnhinweis:

Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

Benötigen Sie eine Beratung oder haben Sie Fragen?

Rufen Sie uns an oder schreiben Sie uns eine E-Mail, damit wir die grundsätzlichen Fragen klären können.

Durch die schlichte Anfrage kommt noch kein kostenpflichtiges Mandat zustande.

Warnhinweis:

Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

Benötigen Sie eine Beratung oder haben Sie Fragen?

Rufen Sie uns an oder schreiben Sie uns eine E-Mail, damit wir die grundsätzlichen Fragen klären können.

Durch die schlichte Anfrage kommt noch kein kostenpflichtiges Mandat zustande.

Letzte Beiträge

Der gepfändete Erbteil und die vom Erben betriebene Teilungsversteigerung

Der gepfändete Erbteil und die vom Erben betriebene Teilungsversteigerung

April 28, 2025
Der gepfändete Erbteil und die vom Erben betriebene TeilungsversteigerungBeschluss des Bundesgerichtshofs (BGH), V. Zivilsenat, vom 20. März 2…
Streit um altes Patriziervermögen - Familiensammlung bleibt ungeteilt

Streit um altes Patriziervermögen – Familiensammlung bleibt ungeteilt

April 26, 2025
Streit um altes Patriziervermögen – Familiensammlung bleibt ungeteiltRA und Notar KrauDas Oberlandesgericht Nürnberg hat am 28. Februar 2…
Mann muss Bestattung seines ihm unbekannten Halbbruders bezahlen

Mann muss Bestattung seines ihm unbekannten Halbbruders bezahlen

April 25, 2025
Mann muss Bestattung seines ihm unbekannten Halbbruders bezahlenVerwaltungsgericht Mainz, AZ: 3 K 425/22RA und Notar KrauEin Mann in H…