Pflichtteilssanktionsklauseln im gemeinschaftlichen Testament
KG, Beschl. v. 22.11.2023 – 19 U 36/22
1. Auslegung von Pflichtteilssanktionsklauseln
Pflichtteilssanktionsklauseln in gemeinschaftlichen Testamenten sind nicht zwingend als umfassende Regelungen zu verstehen, die sämtliche letztwillige Zuwendungen an Pflichtteilsberechtigte erfassen.
Der tatsächliche Umfang einer solchen Klausel ist vielmehr durch Auslegung gemäß §§ 133, 2084 BGB zu ermitteln, wobei der Wille der testierenden Ehegatten im Vordergrund steht.
2. Entfallen der Schlusserbeneinsetzung
Eine im gemeinschaftlichen Testament enthaltene Anordnung, wonach die Einsetzung eines Schlusserben entfällt, wenn dieser nach dem Tod des erstversterbenden Ehegatten seinen Pflichtteil geltend macht,
betrifft grundsätzlich nur die Schlusserbeneinsetzung selbst.
Dies gilt insbesondere dann, wenn im Testament für diesen Fall die Berechtigung des überlebenden Ehegatten festgelegt ist,
„über den ererbten und den eigenen Nachlass, frei unter Lebenden und von Todes wegen zu verfügen“.
3. Bindungswirkung von Vermächtnissen
Gemäß § 2271 Abs. 2 BGB bindend gewordene Vermächtnisse zugunsten des Schlusserben werden von einer Pflichtteilssanktionsklausel,
die zum Entfallen der Schlusserbeneinsetzung führt, grundsätzlich nicht berührt.
Die aus solchen Vermächtnissen resultierenden schuldrechtlichen Verpflichtungen bleiben bestehen.
4. Sittenwidrigkeit und Grundrechte
Wechselbezügliche Verfügungen in einem gemeinschaftlichen Testament, die nach dem frühen Versterben eines Ehegatten zu sehr langen Bindungen führen können,
sind nicht allein aus diesem Grund sittenwidrig im Sinne von § 138 Abs. 1 BGB.
Darin liegt auch kein unverhältnismäßiger Eingriff in das Eigentums- und Erbrecht des anderen Ehegatten gemäß Art. 14 GG.
5. Bedeutung für die Praxis
Die Entscheidung des KG Berlin verdeutlicht die Notwendigkeit einer sorgfältigen und individuellen Auslegung von Pflichtteilssanktionsklauseln in gemeinschaftlichen Testamenten.
Es ist ratsam, die Klausel eindeutig und unmissverständlich zu formulieren, um Streitigkeiten über ihren Umfang und ihre Wirkung zu vermeiden.
Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.
Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.
Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.
Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.
Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.
Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.
Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.
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Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.
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Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.
Durch die schlichte Anfrage kommt noch kein kostenpflichtiges Mandat zustande.