Pflichtteilsstrafklausel im gemeinschaftlichen Testament – Verlangen des Pflichtteils

April 6, 2019

Pflichtteilsstrafklausel im gemeinschaftlichen Testament – Verlangen des Pflichtteils

OLG München 31 Wx 68/07 

Inhaltsverzeichnis RA und Notar Krau

  1. Einleitung
    • Überblick über das Thema Pflichtteilsstrafklausel
    • Relevanz des Urteils des OLG München 31 Wx 68/07
  2. Sachverhalt
    • Todesfälle des Erblassers und seiner Ehefrau
    • Details zu den gemeinschaftlichen Testamenten und letztwilligen Verfügungen
    • Vermögensverhältnisse der Eheleute
  3. Prozessverlauf
    • Vorgeschichte und gerichtliche Auseinandersetzungen vor dem AG Nürnberg und LG Nürnberg-Fürth
    • Entscheidung des Nachlassgerichts
    • Einlegung und Zurückweisung der Beschwerden
  4. Rechtliche Würdigung
    • Definition und Bedeutung der Pflichtteilsstrafklausel
    • Voraussetzungen für das Vorliegen eines „Verlangens des Pflichtteils“
    • Gerichtliche Auslegung der Pflichtteilsstrafklausel
  5. Entscheidungsgründe
    • Bindende Schlusserbeinsetzung und deren Entfall
    • Verwirkung der Schlusserbenstellung der Beteiligten zu 1 und 2
    • Geltendmachung von Pflichtteilsansprüchen durch die Beteiligten zu 1 und 2
  6. Ergebnis der Beschwerde
    • Einziehung des Erbscheins der Beteiligten zu 1 und 2
    • Rechtsfolgen der Pflichtteilsstrafklausel
    • Neue Erbfolge nach dem Testament vom 23.2.2005
  7. Kostenentscheidung und Geschäftswertfestsetzung
    • Erstattung der Kosten der weiteren Beschwerde
    • Festsetzung des Geschäftswerts für das Verfahren der weiteren Beschwerde
  8. Schlussfolgerung
    • Zusammenfassung der wesentlichen Punkte der Entscheidung
    • Auswirkungen des Urteils auf zukünftige Fälle mit Pflichtteilsstrafklauseln

Pflichtteilsstrafklausel im gemeinschaftlichen Testament – Verlangen des Pflichtteils

Ein „Verlangen des Pflichtteils“ im Sinne einer Pflichtteilsstrafklausel kann auch dann vorliegen, wenn der Anspruch aufgrund

eines zuvor erfolgten Erlasses objektiv nicht mehr bestand.

vorgehend LG Nürnberg-Fürth, 4. September 2007, 7 T 6280/07, Beschluss
vorgehend AG Nürnberg, 18. Juni 2007, VI 4079/05, Beschluss

Dieser Beschluss des Oberlandesgerichts (OLG) München vom 29. Januar 2008 (Az. 31 Wx 68/07)

befasst sich mit der Auslegung einer Pflichtteilsstrafklausel in einem gemeinschaftlichen Testament.

Im Fokus steht die Frage, unter welchen Umständen ein „Verlangen des Pflichtteils“ im Sinne einer solchen Klausel vorliegt und welche Rechtsfolgen dies hat.

Sachverhalt

Die Erblasser, ein Ehepaar, hatten ein gemeinschaftliches Testament errichtet, in dem sie sich gegenseitig zu Alleinerben einsetzten

und ihre drei Söhne (die Beteiligten zu 1 und 2 sowie N) als Schlusserben einsetzten.

Das Testament enthielt eine Pflichtteilsstrafklausel, wonach ein Kind, das nach dem Tod des ersten Elternteils seinen Pflichtteil verlangt,

auch beim Tod des zweiten Elternteils nur den Pflichtteil erhalten soll.

Nach dem Tod der Mutter verzichteten die Söhne zunächst auf ihre Pflichtteilsansprüche.

Später jedoch, nach dem Tod des Vaters, machten die Beteiligten zu 1 und 2 ihre Pflichtteilsansprüche gegenüber dem Vater geltend,

obwohl diese möglicherweise durch den vorherigen Verzicht erloschen waren.

Pflichtteilsstrafklausel im gemeinschaftlichen Testament – Verlangen des Pflichtteils

Kernaussagen des Beschlusses

Das OLG München entschied, dass die Beteiligten zu 1 und 2 durch die Geltendmachung ihrer Pflichtteilsansprüche

gegen die Pflichtteilsstrafklausel verstoßen haben und daher von der Erbfolge ausgeschlossen sind.

Zentrale Punkte des Beschlusses:

  • Pflichtteilsstrafklausel: Eine Pflichtteilsstrafklausel dient dazu, den überlebenden Ehegatten vor der Belastung durch Pflichtteilsansprüche zu schützen.
  • „Verlangen des Pflichtteils“: Ein „Verlangen des Pflichtteils“ liegt vor, wenn der Pflichtteilsberechtigte seinen Anspruch geltend macht, unabhängig davon, ob der Anspruch tatsächlich besteht.
  • Rechtsfolgen: Verstößt ein Pflichtteilsberechtigter gegen die Klausel, verliert er seinen Anspruch als Schlusserbe und wird auf den Pflichtteil beschränkt.
  • Auslegung: Bei der Auslegung der Pflichtteilsstrafklausel ist der Wille der Erblasser zu berücksichtigen.

Wesentliche Argumente des Gerichts:

Pflichtteilsstrafklausel im gemeinschaftlichen Testament – Verlangen des Pflichtteils

  • Wortlaut der Klausel: Die Klausel verwendet den Begriff „verlangt“, der jede Art der Geltendmachung des Pflichtteils umfasst.
  • Zweck der Klausel: Der Zweck der Klausel ist es, den überlebenden Ehegatten zu schützen. Dies wird auch dadurch erreicht, dass die Geltendmachung eines möglicherweise erloschenen Anspruchs sanktioniert wird.
  • Verhalten der Beteiligten: Die Beteiligten zu 1 und 2 haben nicht nur ihren Pflichtteil verlangt, sondern auch einen Vollstreckungsbescheid gegen den Vater erwirkt. Dies zeigt, dass sie ihre Ansprüche ernsthaft durchsetzen wollten.

Bedeutung des Beschlusses

Dieser Beschluss verdeutlicht die strenge Auslegung von Pflichtteilsstrafklauseln.

Es reicht aus, dass der Pflichtteilsberechtigte seinen Anspruch geltend macht, um die Klausel zu verletzen.

Dabei ist es unerheblich, ob der Anspruch tatsächlich besteht oder ob der Pflichtteilsberechtigte seinen Anspruch erfolgreich durchsetzen kann.

Pflichtteilsstrafklausel im gemeinschaftlichen Testament – Verlangen des Pflichtteils

Praktische Auswirkungen

Der Beschluss hat praktische Auswirkungen für die Gestaltung von Testamenten.

Es ist wichtig, Pflichtteilsstrafklauseln klar und eindeutig zu formulieren, um spätere Auslegungsprobleme zu vermeiden.

Es ist auch ratsam, Pflichtteilsberechtigte über die Folgen einer Verletzung der Klausel aufzuklären.

Zusätzliche Hinweise:

  • Der Beschluss befasst sich auch mit der Frage, ob die Pflichtteilsstrafklausel die Testierfreiheit des überlebenden Ehegatten einschränkt. Das OLG verneint dies, da der überlebende Ehegatte weiterhin frei über sein Vermögen verfügen kann.
  • Der Beschluss stellt klar, dass die Pflichtteilsstrafklausel nicht gegen die guten Sitten verstößt, da sie dem Schutz des überlebenden Ehegatten dient.

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Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

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