Pflichtteilsstrafklausel oder Pflichtteilsverzicht?
Zusammenfassung des Artikels
„Die Pflichtteilsstrafklauseln im Berliner Testament – Eine wirksame Alternative zum Pflichtteilsverzicht?“
von Dr. Anna Viola Schön, BWNotZ 2024, 316.
Hintergrund:
Das Berliner Testament ist eine beliebte Form der Nachlassgestaltung bei Ehepaaren mit Kindern.
Die Ehegatten setzen sich gegenseitig als Alleinerben ein, während die Kinder erst nach dem Tod des Letztversterbenden als Schlusserben erben.
Nach dem ersten Erbfall steht den Kindern jedoch ein Pflichtteilsanspruch zu, der den überlebenden Ehegatten belasten kann.
Um dies zu vermeiden, wird häufig die Pflichtteilsstrafklausel eingesetzt.
Pflichtteilsstrafklausel oder Pflichtteilsverzicht?
Funktionsweise der Pflichtteilsstrafklausel:
Die Klausel soll Kinder davon abhalten, ihren Pflichtteil nach dem ersten Erbfall geltend zu machen.
Sie droht den Kindern eine Sanktion an, falls sie ihren Pflichtteil einfordern, meist den Ausschluss von der Schlusserbschaft.
Varianten der Pflichtteilsstrafklausel:
- Automatische Pflichtteilsstrafklausel: Hier wird der Abkömmling, der seinen Pflichtteil geltend macht, automatisch von der Schlusserbschaft ausgeschlossen.
- Fakultative Pflichtteilsstrafklausel: Der überlebende Ehegatte hat die Wahl, ob er den Abkömmling, der seinen Pflichtteil geltend macht, von der Schlusserbschaft ausschließt oder nicht.
- Kombination aus fakultativer und automatischer Pflichtteilsstrafklausel: Im Fall einer fehlenden Regelung durch den überlebenden Ehegatten treten die Rechtsfolgen einer automatischen Pflichtteilsstrafklausel ein.
- Jastrow’sche Klausel: Um die doppelte Beteiligung des Abkömmlings am Nachlass des Erstversterbenden zu verhindern, werden Vermächtnisse an die loyalen Abkömmlinge angeordnet.
- Supervermächtnis: Eine testamentarische Zuwendung in Form eines Vermächtnisses mit weitreichenden Bestimmungsrechten des überlebenden Ehegatten.
Pflichtteilsstrafklausel oder Pflichtteilsverzicht?
Herausforderungen und Kritikpunkte:
- Komplexität: Die Pflichtteilsstrafklausel kann komplex und unübersichtlich sein, insbesondere bei Patchworkfamilien.
- Steuerliche Nachteile: Je nach Gestaltung der Klausel kann es zu steuerlichen Nachteilen kommen, z.B. bei der Jastrow’schen Klausel.
- Umgehung des Pflichtteilsrechts: Die Klausel kann als Versuch gewertet werden, das Pflichtteilsrecht zu umgehen, welches dem verfassungsrechtlichen Schutz untersteht.
Alternative:
Die sicherste Lösung bleibt der notariell beurkundete Pflichtteilsverzichtsvertrag mit den Abkömmlingen.
Fazit:
Die Pflichtteilsstrafklausel ist ein weit verbreitetes Instrument im Erbrecht, birgt aber auch Herausforderungen und Risiken.
Eine sorgfältige Abwägung der Vor- und Nachteile sowie eine präzise Formulierung der Klausel sind unerlässlich.
Pflichtteilsstrafklausel oder Pflichtteilsverzicht?
Zusätzliche Anmerkungen:
- Der Artikel geht detailliert auf die rechtlichen Grundlagen und die Rechtsprechung zur Pflichtteilsstrafklausel ein.
- Es werden verschiedene Formulierungsbeispiele für die Klausel gegeben.
- Der Artikel beleuchtet die Besonderheiten der Pflichtteilsstrafklausel bei Patchworkfamilien.
- Es wird die Problematik der Grundbucheintragung bei bedingter Erbeinsetzung durch die Pflichtteilsstrafklausel thematisiert.