Pflichtteilsstrafklausel Verwirkungsklausel
BGH V ZB 3/14
Beschluss vom 2. 6. 2016,
notariell beurkundetes gemeinschaftliches Testament,
Die Eltern der Beteiligten setzten in einem gemeinschaftlichen Testament von 1985 ihre drei Kinder als Schlusserben ein und ordneten die Aufteilung des Nachlasses auf die Kinder an.
Das Testament enthielt eine Klausel, wonach ein Kind, das mit den Testamentsbestimmungen nicht einverstanden ist, nur den Pflichtteil erhält.
Nach dem Tod des Vaters verlangte die Beteiligte zu 3 ihren Pflichtteil und schloss mit der Mutter einen Vergleich.
Nach dem Tod der Mutter wurde sie im Grundbuch als Miterbin eingetragen.
Die Brüder (Beteiligte zu 1 und 2) widersprachen der Eintragung mit der Begründung, die Schwester habe durch die Geltendmachung des Pflichtteils ihr Erbrecht verwirkt.
Rechtsfrage:
Führt die Geltendmachung des Pflichtteils nach dem Tod des erstversterbenden Elternteils in einem gemeinschaftlichen Testament mit einer Klausel,
die denjenigen auf den Pflichtteil beschränkt, der mit den Testamentsbestimmungen nicht einverstanden ist, zum Verlust des Erbrechts?
Entscheidung des BGH:
Der BGH wies die Rechtsbeschwerde der Brüder zurück.
Die Eintragung der Schwester als Miterbin im Grundbuch ist rechtmäßig.
Begründung:
Zulässigkeit der Beschwerde: Die Beschwerde der Brüder richtete sich gegen die Eintragung der Schwester als Miterbin im Grundbuch. Eine solche Beschwerde ist nur zulässig, wenn die Eintragung entweder inhaltlich unzulässig ist oder wenn das Grundbuchamt die Eintragung unter Verletzung gesetzlicher Vorschriften vorgenommen hat und das Grundbuch dadurch unrichtig geworden ist.
Verletzung von Vorschriften des Grundbuchrechts: Das Grundbuchamt hat die Eintragung der Schwester als Miterbin vorgenommen, obwohl es dazu nach § 35 GBO einen Erbschein hätte verlangen müssen. Denn die Erbeinsetzung der Schwester war durch die Verwirkungsklausel im Testament auflösend bedingt. Ob die Schwester durch die Geltendmachung des Pflichtteils gegen diese Klausel verstoßen und ihr Erbrecht verloren hat, konnte das Grundbuchamt im Eintragungsverfahren nicht abschließend klären.
Keine Unrichtigkeit des Grundbuchs: Trotz des Verfahrensfehlers des Grundbuchamts ist die Eintragung der Schwester als Miterbin nicht unrichtig. Denn es ist nicht überwiegend wahrscheinlich, dass die Schwester durch die Geltendmachung des Pflichtteils ihr Erbrecht verloren hat. Die Auslegung der Verwirkungsklausel ist im Grundbuchverfahren nicht abschließend möglich, da hierfür auch außerhalb des Testaments liegende Umstände zu berücksichtigen sind.
Detaillierte Erläuterungen:
Pflichtteilsstrafklausel: Eine Pflichtteilsstrafklausel ist eine testamentarische Bestimmung, die den Erben auf den Pflichtteil beschränkt, wenn er nach dem Tod eines Erblassers seinen Pflichtteil geltend macht. Solche Klauseln sind zulässig, um den Nachlass zusammenzuhalten und Streitigkeiten unter den Erben zu vermeiden.
Verwirkungsklausel im vorliegenden Fall: Die Klausel im Testament der Eltern ist allgemeiner gefasst als eine typische Pflichtteilsstrafklausel. Sie spricht von einem „Nichteinverständnis“ mit den Testamentsbestimmungen. Ob darunter auch die Geltendmachung des Pflichtteils fällt, ist nicht eindeutig.
Auslegung der Verwirkungsklausel: Der BGH stellt klar, dass die Auslegung von Verwirkungsklauseln im Grundbuchverfahren nur eingeschränkt möglich ist. Das Grundbuchamt darf nur die im Testament enthaltenen Informationen und die Erklärungen der Beteiligten berücksichtigen. Umstände außerhalb des Testaments, die für die Auslegung relevant sein können, dürfen nicht einbezogen werden.
Glaubhaftmachung der Unrichtigkeit des Grundbuchs: Die Brüder hätten glaubhaft machen müssen, dass die Eintragung der Schwester als Miterbin unrichtig ist. Dazu hätten sie darlegen müssen, dass die Schwester durch die Geltendmachung des Pflichtteils ihr Erbrecht verloren hat. Dies ist ihnen nicht gelungen.
Fazit:
Der BGH betont die Grenzen des Grundbuchverfahrens bei der Auslegung von testamentarischen Verwirkungsklauseln.
Die Frage, ob die Schwester durch die Geltendmachung des Pflichtteils ihr Erbrecht verloren hat,
kann nur in einem separaten Verfahren vor dem Prozessgericht geklärt werden.
Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.
Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.
Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.
Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.
Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.
Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.
Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.
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Durch die schlichte Anfrage kommt noch kein kostenpflichtiges Mandat zustande.