Preisfindung Grundstück – Schadensersatz vom Makler

Juni 15, 2025

Preisfindung Grundstück – Schadensersatz vom Makler

RA und Notar Krau

Urteil des Landgerichts Flensburg: Maklerprovision und Schadensersatz

Am 3. November 2023 entschied das Landgericht Flensburg (12. Zivilkammer) in einem Fall, der die Haftung eines Immobilienmaklers und dessen Anspruch auf Provision betraf. Das Urteil ist rechtskräftig und wurde unter dem Aktenzeichen 12 O 6/23 geführt.


Worum ging es in dem Fall?

Die Eigentümer eines unbebauten Grundstücks (die Kläger) beauftragten eine Immobilienmaklerin (die Beklagte) mit dem Verkauf ihres 814 Quadratmeter großen Grundstücks in W. Teil des Auftrags war eine fachkundige Einwertung des Grundstücks und die Recherche von Vergleichsgrundstücken. Es wurde eine Maklerprovision von 3,48 % des Kaufpreises vereinbart.

Die Kläger verlangten von der Maklerin Schadensersatz, weil sie der Meinung waren, die Maklerin habe den Wert ihres Grundstücks falsch eingeschätzt und sie dadurch einen geringeren Verkaufspreis erzielt hätten. Die Maklerin hingegen forderte ihre Maklerprovision (auch Courtage genannt) von den Klägern.


Die Wertermittlung des Maklers

Zum Zeitpunkt der Maklerbeauftragung lag der offizielle Bodenrichtwert (ein durchschnittlicher Lagewert für einen Quadratmeter Bauland) für das Grundstück bei 85 Euro pro Quadratmeter (Stand: 31.12.2018). Später, am 28.05.2021, wurde ein neuer Bodenrichtwert von 170 Euro pro Quadratmeter veröffentlicht (Stand: 31.12.2020).

Die Kläger hatten der Maklerin mitgeteilt, dass sie das Grundstück nicht unter 200.000 Euro verkaufen wollten. Die Maklerin schlug zunächst 220.000 Euro vor, dann 229.000 Euro. Die Kläger stimmten dem zugehörigen Exposé (eine Art Verkaufsprospekt) für 229.000 Euro zu.


Verkauf und Streit um den Preis

Obwohl die Maklerin zunächst einen Preis von 229.000 Euro vorgeschlagen hatte, äußerten die Kläger später Bedenken. Sie hatten festgestellt, dass ähnliche Grundstücke in der Nähe (im Gebiet „Sch.“) für über 500 Euro pro Quadratmeter angeboten wurden. Die Maklerin schlug daraufhin ein sogenanntes Bieterverfahren vor, bei dem Interessenten gegeneinander bieten, was die Kläger jedoch ablehnten.

Letztendlich verkauften die Kläger ihr Grundstück an einen von der Maklerin vermittelten Interessenten für 244.200 Euro, was einem Quadratmeterpreis von 300 Euro entsprach. Die Maklerin stellte daraufhin eine Rechnung über 8.175,30 Euro für ihre Provision.

Die Kläger waren der Ansicht, die Maklerin hätte aufgrund einer fehlerhaften Wertermittlung einen weitaus höheren Preis erzielen können, nämlich mindestens 500 Euro pro Quadratmeter. Sie forderten daher einen Schadensersatz von 120.000 Euro. Sie waren der Meinung, der Maklerin stehe aufgrund dieser angeblichen Pflichtverletzung keine Provision zu.

Die Maklerin hielt ihren ermittelten Preis für angemessen und marktgerecht. Sie argumentierte, dass das Grundstück der Kläger aufgrund seiner Lage (Nordausrichtung, zweite Reihe zur Schlei, an einer viel befahrenen Straße) nicht mit den teureren Grundstücken in Sch. vergleichbar sei. Außerdem hätten die Kläger dem Verkauf zu dem erzielten Preis freiwillig zugestimmt.

Preisfindung Grundstück – Schadensersatz vom Makler


Das Gerichtsverfahren und das Gutachten

Das Gericht holte ein Sachverständigengutachten ein, um den tatsächlichen Wert des Grundstücks zum Zeitpunkt der Maklerbewertung zu ermitteln. Die Sachverständige kam zu dem Ergebnis, dass der Verkehrswert (der am Markt erzielbare Preis) des Grundstücks zum 15.12.2020 bei 200.000 Euro lag. Dabei berücksichtigte sie die damals gültigen Bodenrichtwerte und passte diese an die aktuellen Marktverhältnisse an. Auch der Wasserblick auf die Schlei wurde mit einem Aufschlag von 30 % berücksichtigt.

Die Sachverständige stellte außerdem fest, dass das Grundstück in W. nicht mit den Grundstücken in Sch. vergleichbar sei. Die Sch. hätten ein städtischeres Flair, eine bessere Infrastruktur und teilweise auch aus der zweiten Reihe einen guten Blick aufs Wasser.


Die Entscheidung des Gerichts

Das Landgericht Flensburg wies die Klage der Grundstückseigentümer auf Schadensersatz ab. Das bedeutet, die Kläger bekamen keinen Schadensersatz zugesprochen.

Gleichzeitig gab das Gericht der Widerklage der Maklerin statt. Das bedeutet, die Kläger wurden verurteilt, der Maklerin die geforderte Provision in Höhe von 8.175,30 Euro plus Zinsen zu zahlen.

Die Kosten des gesamten Rechtsstreits mussten die Kläger tragen.


Begründung des Urteils

Das Gericht stellte fest, dass die Maklerin ihre Pflichten aus dem Maklervertrag nicht verletzt hatte. Ein Makler hat bei der Preisfindung einen gewissen Beurteilungs- und Ermessensspielraum. Eine Pflichtverletzung liegt nur dann vor, wenn dieser Spielraum offensichtlich und eklatant überschritten wird und der Makler zu einem viel zu niedrigen oder völlig überhöhten Preis rät.

Aufgrund des Sachverständigengutachtens war das Gericht überzeugt, dass der von der Maklerin vorgeschlagene Preis von 229.000 Euro nicht außerhalb dieses Spielraums lag, da der tatsächliche Verkehrswert des Grundstücks bei 200.000 Euro eingeschätzt wurde. Der vorgeschlagene Preis lag sogar über dem geschätzten Verkehrswert.

Auch der Anspruch der Maklerin auf die Provision sei nicht verwirkt. Ein Anspruch auf Provision geht nur dann verloren, wenn der Makler unerlaubt für beide Seiten des Geschäfts tätig war. Dies war hier nicht der Fall. Dass die Maklerin einen Preis im Exposé angab, den die Kläger genehmigten, war keine Preisfestlegung zu deren Lasten. Zudem hatten die Kläger den Kaufvertrag mit einem von der Maklerin vermittelten Interessenten zu einem höheren Preis geschlossen.

Die Zinsen auf die Maklerprovision musste die Kläger ab dem 6. Juli 2021 zahlen, da sie zu diesem Zeitpunkt mit der Zahlung in Verzug (Zahlungsverzug) geraten waren.

Das Urteil macht deutlich, dass Maklern bei der Wertermittlung ein gewisser Spielraum zusteht und nicht jede Abweichung vom tatsächlichen Verkehrswert zu einem Schadensersatzanspruch führt. Wichtig ist, dass der Makler seinen Ermessensspielraum nicht grob überschreitet.

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Warnhinweis:

Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

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