Prozessführungsbefugnis einzelner Miterbe für Vollstreckungsgegenklage – BGH IV ZR 139/05

Juli 17, 2020

Prozessführungsbefugnis einzelner Miterbe für Vollstreckungsgegenklage – BGH IV ZR 139/05

Zusammenfassung RA und Notar Krau

Der Kläger, zusammen mit seinem Bruder in ungeteilter Erbengemeinschaft Eigentümer eines Grundstücks, wendet sich mittels einer Vollstreckungsgegenklage gegen die Zwangsvollstreckung aus zwei Grundschulden, die der beklagten Bank zur Sicherung von Darlehen eingeräumt wurden.

Er behauptet, die Bank habe ihn über die finanzielle Situation der kreditnehmenden GmbH getäuscht und bestreitet die Zwangsvollstreckung wegen Sittenwidrigkeit sowie bestehender Schadensersatzansprüche.

Vorinstanzen:

Das Landgericht gab der Klage teilweise statt.

Das Berufungsgericht wies die Vollstreckungsgegenklage als unzulässig ab und verneinte die alleinige Prozessführungsbefugnis des Klägers.

Der Kläger legte Revision ein.

Entscheidung des BGH:

Der BGH hob das Urteil des Berufungsgerichts auf und verwies die Sache zur neuen Verhandlung zurück.

Prozessführungsbefugnis einzelner Miterbe für Vollstreckungsgegenklage – BGH IV ZR 139/05

Der BGH entschied, dass der Kläger gemäß § 2039 BGB berechtigt sei, allein für die Erbengemeinschaft zu klagen.

Begründung:

Prozessführungsbefugnis des Klägers:

Der BGH stellt fest, dass § 2039 BGB dem Kläger erlaubt, in gesetzlicher Prozessstandschaft für die Erbengemeinschaft Ansprüche geltend zu machen, ohne die Mitwirkung der übrigen Miterben.

Die verschiedenen sprachlichen Fassungen der §§ 2038 Abs. 1 Satz 2 und 2039 Satz 1 BGB rechtfertigen keine einschränkende Auslegung des § 2039 BGB.

Der BGH führt aus, dass § 2039 BGB sicherstellen soll, dass jeder Miterbe Nachteile durch Untätigkeit anderer Miterben abwenden kann.

Bündelungsgebot des § 767 Abs. 3 ZPO:

Das Bündelungsgebot bewirkt lediglich eine Präklusion von Einwendungen für spätere Vollstreckungsgegenklagen, begründet aber keine Pflicht, alle Einwendungen im ersten Verfahren geltend zu machen.

Nachlassansprüche gemäß § 2039 BGB:

Der BGH führt aus, dass Nachlassansprüche gemäß § 2039 Satz 1 BGB auch prozessuale Gestaltungsklagen wie die Vollstreckungsgegenklage umfassen.

Prozessführungsbefugnis einzelner Miterbe für Vollstreckungsgegenklage – BGH IV ZR 139/05

Die Klage dient dazu, die Unterlassung der Zwangsvollstreckung und letztlich die Rückgewähr der Grundschulden zu erreichen, was als Nachlassanspruch im Sinne des § 2039 BGB zu werten ist.

Zugehörigkeit des Anspruchs zum Nachlass:

Der BGH betont, dass der Anspruch, den der Kläger verfolgt, zum Nachlass gehört, da die Erbengemeinschaft als solche Rechtsträgerin des Anspruchs ist und dieser auf die Rückabwicklung der Sicherheitenbestellung abzielt.

Fazit:

Das Urteil verdeutlicht, dass ein einzelner Miterbe im Rahmen einer Erbengemeinschaft die Prozessführungsbefugnis hat, um Nachlassansprüche im Sinne des § 2039 BGB geltend zu machen.

Dies gilt auch für prozessuale Gestaltungsklagen wie die Vollstreckungsgegenklage.

Die Auffassung des Berufungsgerichts, dass die Klage unzulässig sei und der Kläger nicht allein prozessführungsbefugt sei, wurde durch den BGH nicht bestätigt.

RA und Notar Krau

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