Prüfung der Wirksamkeit einer Vorsorgevollmacht von Amts wegen
BGH, Beschluss vom 9.10.2024 – XII ZB 289/24
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat in einem aktuellen Beschluss (XII ZB 289/24) seine Rechtsprechung zur Prüfung der Wirksamkeit einer Vorsorgevollmacht im Rahmen eines Betreuungsverfahrens bekräftigt.
Im Kern geht es um die Frage, unter welchen Voraussetzungen ein Gericht von der Wirksamkeit einer Vorsorgevollmacht ausgehen darf und
wann es verpflichtet ist, die Geschäftsfähigkeit des Vollmachtgebers zum Zeitpunkt der Vollmachtserteilung von Amts wegen zu prüfen.
Ein 1939 geborener Mann, der an Demenz vom Alzheimer-Typ erkrankt ist, hatte im Jahr 2019 seiner Nichte eine Generalvollmacht erteilt.
Im November 2022 erteilte er dann Herrn A. eine Vorsorgevollmacht für die Bereiche Gesundheitssorge und Postangelegenheiten, welche kurz darauf notariell beglaubigt wurde.
Im April 2023 widerrief er die Vollmacht seiner Nichte und erweiterte die Vollmacht von Herrn A. zu einer Generalvollmacht, mit der Bestimmung, dass dieser im Bedarfsfall als Betreuer eingesetzt werden solle.
Trotz dieser Vollmachten ordnete das Amtsgericht im November 2023 eine umfassende Betreuung für den Mann an und ordnete einen Einwilligungsvorbehalt für Vermögensangelegenheiten an.
Das Landgericht bestätigte diese Entscheidung und erklärte die Vollmachten von Herrn A. für unwirksam, da der Mann zum Zeitpunkt der Vollmachtserteilung bereits geschäftsunfähig gewesen sei.
Der BGH hob die Entscheidung des Landgerichts auf und verwies die Sache zur erneuten Verhandlung zurück.
Er begründete dies mit zwei wesentlichen Punkten:
Das Landgericht hatte es versäumt, den Betroffenen persönlich anzuhören.
Gemäß § 68 Abs. 3 i.V.m. § 278 Abs. 1 FamFG ist eine persönliche Anhörung jedoch grundsätzlich erforderlich, um sich einen Eindruck von der Person zu verschaffen.
Eine Ausnahme von der Anhörungspflicht ist nur dann zulässig, wenn die Anhörung bereits im ersten Rechtszug ordnungsgemäß erfolgt ist und keine neuen Erkenntnisse zu erwarten sind.
Im vorliegenden Fall war die erstinstanzliche Anhörung jedoch fehlerhaft, da dem Betroffenen eine ergänzende Stellungnahme des Sachverständigen
zur Frage der Geschäftsunfähigkeit nicht vor der Anhörung bekanntgegeben wurde.
Das Landgericht hatte nicht ausreichend aufgeklärt, ob der Mann zum Zeitpunkt der Vollmachtserteilung tatsächlich geschäftsunfähig war.
Gemäß § 26 FamFG hat das Gericht von Amts wegen aufzuklären, ob der Betroffene zum Zeitpunkt der Vollmachtserteilung nach § 104 Nr. 2 BGB geschäftsunfähig war.
Unklarheiten, Zweifeln oder Widersprüchen hat es von Amts wegen nachzugehen.
Die Feststellung der Geschäftsunfähigkeit am 27.11.2022 basierte allein auf der Aussage eines Sachverständigers,
der die Geschäftsunfähigkeit für „Ende 2022/Anfang 2023“ feststellte, was für einen konkreten Tag als den 27.11.2022, nicht ausreicht.
Eine Vorsorgevollmacht hat Vorrang vor der Betreuung, es sei denn, ihre Unwirksamkeit steht eindeutig fest.
Der BGH betont die Wichtigkeit der persönlichen Anhörung des Betroffenen im Betreuungsverfahren, um dessen Selbstbestimmungsrecht zu wahren.
Die Wirksamkeit einer Vorsorgevollmacht ist sorgfältig und von Amts wegen zu prüfen.
Bloße Zweifel an der Geschäftsfähigkeit des Vollmachtgebers reichen nicht aus, um die Vollmacht als unwirksam anzusehen.
Weiterhin wird erneut auf die Möglichkeit hingewiesen, dass eine Person im Vorfeld einer möglichen Betreuung, Wünsche äußern kann,
welche Person als Betreuer bestimmt werden sollte, oder welche Personen nicht bestimmt werden sollten.
Um eine möglichst genaue Feststellung über die Geschäftsfähigkeit zu einem bestimmten Zeitpunkt zu erlangen, sind dementsprechend sehr ausführliche Sachverständigengutachten von Nöten.
Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.
Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.
Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.
Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.
Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.
Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.
Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.
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