Rangrücktritt aufgrund Belastungsvollmacht – Reichweite einer Beleihungsvollmacht

November 2, 2025

Rangrücktritt aufgrund Belastungsvollmacht – Reichweite einer Beleihungsvollmacht

OLG Düsseldorf 10. Juni 1998 – 3 Wx 108/98

Rangrücktritt der Vormerkung hinter die Grundschuld – Wer darf das erklären?

Dieses Dokument befasst sich mit einem Fall aus dem Grundbuchrecht. Es geht um die Frage, ob ein Notarmitarbeiter, der eine Vollmacht zur Durchführung einer Immobilienfinanzierung hat, auch den Rangrücktritt einer zugunsten des Käufers eingetragenen Auflassungsvormerkung hinter die neue Grundschuld erklären durfte.


Der Ausgangsfall

  1. Kaufvertrag: Käufer und Verkäufer schließen einen Kaufvertrag über eine Eigentumswohnung.
  2. Auflassungsvormerkung: Zur Sicherung des Käufers wird die Eintragung einer Auflassungsvormerkung vereinbart. Diese Vormerkung schützt den Käufer davor, dass der Verkäufer die Wohnung anderweitig verkauft oder belastet, bevor der Käufer als Eigentümer im Grundbuch steht. Sie ist in der Regel das erste Recht für den Käufer im Grundbuch.
  3. Vollmacht zur Fremdfinanzierung: Der Vertrag enthält eine wichtige Klausel: Der Käufer darf die Wohnung für seine Fremdfinanzierung nutzen. Verkäufer und Käufer bevollmächtigen in diesem Zusammenhang Notarmitarbeiter (darunter Herrn W. W.), um die dafür notwendigen Erklärungen abzugeben. Der Vertragstext ermächtigt die Mitarbeiter, „alle erforderlichen Eintragungen im Grundbuch zu bewilligen und zu beantragen“ und „Erklärungen zur Auszahlung der Fremdmittel abzugeben“.
  4. Grundschuldbestellung: Kurz darauf bestellt der Käufer eine Grundschuld (ein Darlehenssicherungsmittel, in der Regel für die Bank) zur Finanzierung. Herr W. W. handelt dabei als Bevollmächtigter für Käufer und Verkäufer.
  5. Rangrücktritt: In der Urkunde zur Grundschuldbestellung erklärt Herr W. W. (im Namen des Käufers), dass die bereits eingetragene Auflassungsvormerkung im Rang hinter die neue Grundschuld zurücktreten soll. Das bedeutet: Im Falle einer Zwangsversteigerung würde die Bank mit ihrer Grundschuld zuerst befriedigt werden.

Rangrücktritt aufgrund Belastungsvollmacht – Reichweite einer Beleihungsvollmacht

Das Problem: Das Grundbuchamt ist anderer Meinung

Das Grundbuchamt (die Rechtspflegerin) ist der Meinung, dass die erteilte Vollmacht im Kaufvertrag den Rangrücktritt nicht umfasst. Sie argumentiert, dass der Rangrücktritt in der Vollmachtsklausel nicht ausdrücklich erwähnt sei und nur der „eigentliche Beleihungsvorgang“ (die reine Bestellung der Grundschuld) erfasst sei. Sie verlangt daher eine nachträgliche Genehmigung des Käufers.

Die Bank (Beteiligte zu 3) und der Käufer (Beteiligte zu 2) legen Beschwerde ein, scheitern aber zunächst beim Landgericht.

Die Entscheidung des Oberlandesgerichts (Obergerichtliche Prüfung)

Die höhere Instanz (hier wohl das Bayerische Oberste Landesgericht bzw. der Senat in einem vergleichbaren Fall) sieht das anders und gibt den Beschwerdeführern (Käufer und Bank) Recht. Die Entscheidung des Landgerichts wird aufgehoben.

Die Begründung für Laien:

  1. Auslegung der Vollmacht: Eine Vollmacht im Grundbuchverfahren muss eindeutig sein. Bei Zweifeln gilt der geringere Umfang.
  2. Zweck der Vollmacht: Die Vollmacht im Kaufvertrag war nicht nur auf die Bestellung der Grundschuld beschränkt. Sie war vielmehr Teil der umfassenden Regelung zur Fremdfinanzierung des Kaufpreises. Der Vertrag sagt klar: „Der Käufer darf das Kaufobjekt als Pfandobjekt für seine Fremdfinanzierung nutzen.“
  3. Bankpraxis: Es ist gängige Bankpraxis, eine Kreditfinanzierung (und damit die Grundschuld) möglichst an rangerster Stelle im Grundbuch abzusichern. Würde die ältere Auflassungsvormerkung im Rang vor der Grundschuld stehen, wäre die Grundschuld für die Bank weniger wert und die Finanzierung würde in der Regel nicht gewährt.
  4. Erforderlichkeit: Der Rangrücktritt ist daher zur tatsächlichen Durchführung der Fremdfinanzierung im Vertragssinne „erforderlich“. Ohne Rangrücktritt wäre die erteilte Vollmacht zur Fremdfinanzierung weitgehend „wertlos“. Das Wort „erforderlich“ in der Vollmacht muss im Sinne von „zur erfolgreichen Durchführung der Finanzierung notwendig“ verstanden werden, nicht nur im Sinne eines juristischen „Muss“.

Ergebnis

Das Gericht entscheidet, dass die Vollmacht an den Notarmitarbeiter, alle für die Fremdfinanzierung erforderlichen Erklärungen abzugeben, den Rangrücktritt der Auflassungsvormerkung hinter die Grundschuld einschließt. Eine zusätzliche Genehmigung des Käufers war somit nicht notwendig.


Kurz gesagt: Wenn eine Vollmacht zur Fremdfinanzierung erteilt wird, umfasst diese in der Regel auch den notwendigen Rangrücktritt der eigenen Käufer-Vormerkung, da Banken sonst die Finanzierung verweigern würden. Dies ist Teil des vereinbarten Zwecks.

RA und Notar Krau

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