Rangvorbehalt bei Erbbaurecht – Abänderbarkeit und Bestimmtheit der Eintragung

November 4, 2025

Rangvorbehalt bei Erbbaurecht – Abänderbarkeit und Bestimmtheit der Eintragung

OLG Karlsruhe und der Rangvorbehalt beim Erbbaurecht

Das Oberlandesgericht (OLG) Karlsruhe hat am 25. August 2025 (Aktenzeichen: 14 W 46/24 (Wx)) eine wichtige Entscheidung zum sogenannten Rangvorbehalt im Zusammenhang mit dem Erbbaurecht getroffen. Es ging darum, wie genau so ein Vorbehalt im Grundbuch formuliert sein muss.


Was ist der Kern des Problems?

Die Eigentümerin eines Grundstücks (Beteiligte 1) wollte im Grundbuch bei zwei bereits eingetragenen Leitungsrechten (Grunddienstbarkeiten) einen Rangvorbehalt eintragen lassen.

Das Ziel des Rangvorbehalts war zweifach:

  1. Sich das Recht vorzubehalten, später ein Erbbaurecht (vereinfacht: das Recht, auf fremdem Grund und Boden zu bauen) im besseren Rang eintragen zu dürfen, also vor den Leitungsrechten.
  2. Sich vorzubehalten, ein bereits bestehendes Erbbaurecht inhaltlich zu ändern, ohne dass die Inhaber der Leitungsrechte zustimmen müssen.

Das Grundbuchamt lehnte die Eintragung ab, weil die Formulierung des Rangvorbehalts zu unbestimmt sei. Die Eigentümerin legte Beschwerde ein.


Was genau ist ein Rangvorbehalt?

Stellen Sie sich das Grundbuch als eine Rangliste von Belastungen für ein Grundstück vor. Je weiter oben ein Recht steht (je besser der Rang), desto sicherer ist es.

Ein Rangvorbehalt nach § 881 BGB ist wie eine Reservierung für einen besseren Platz in dieser Liste. Der Eigentümer belastet sein Grundstück zwar mit einem Recht (hier: den Leitungsrechten), behält sich aber vor, ein anderes Recht (hier: das Erbbaurecht oder dessen spätere Änderung) später noch mit einem besseren Rang eintragen zu können.

Der Clou: Die Inhaber der Leitungsrechte müssen dem zustimmen, weil ihr Recht dadurch potenziell schlechter wird. Damit sie aber die Gefahr richtig einschätzen können, verlangt das Gesetz, dass das vorbehaltene Recht „dem Umfang nach bestimmt“ sein muss.


Rangvorbehalt bei Erbbaurecht – Abänderbarkeit und Bestimmtheit der Eintragung

Die Entscheidungen des OLG Karlsruhe

Das OLG hat die Beschwerde der Eigentümerin zurückgewiesen, weil der Rangvorbehalt in einigen Punkten tatsächlich zu unbestimmt war.

1. Die Abänderbarkeit des Erbbaurechts ist grundsätzlich erlaubt (wichtiger Punkt für die Praxis!)

  • Das OLG hat entschieden, dass ein Rangvorbehalt grundsätzlich auch die spätere inhaltliche Änderung eines bereits bestehenden Erbbaurechts zum Gegenstand haben kann.
  • Witzige Begründung (sinngemäß): Wenn man das eingetragene Recht erst löschen und dann leicht verändert neu eintragen lassen müsste, wäre das ein „überflüssiger und kostenintensiver Umweg“. Das muss das Gesetz nicht verlangen.

2. Die Formulierung zum Entschädigungsanspruch war zu unbestimmt

  • Das OLG hat aber entschieden, dass die Formulierung zum Entschädigungsanspruch beim Erlöschen des Erbbaurechts durch Zeitablauf zu vage war.
  • Die Formulierung lautete: „…können beliebige Vereinbarungen über Entschädigungsansprüche nach Erlöschen des Erbbaurechts durch Zeitablauf vereinbart werden.“
  • Das Problem: Diese „beliebigen Vereinbarungen“ machen es für die Inhaber der Leitungsrechte (die dann im Rang hinter diesem Anspruch stehen) unmöglich, die maximale finanzielle Belastung für das Grundstück einzuschätzen.
  • Das Gericht weist darauf hin, dass man die Entschädigung hätte in ein bestimmtes, prozentuales Verhältnis zum Verkehrswert setzen können, um die Bestimmtheit zu gewährleisten.

3. Die übrigen Regelungen waren in Ordnung

Die weiteren Passagen zum Bauwerk („alle nach öffentlichem Baurecht genehmigungsfähigen Bauwerke“) und zur Laufzeit des Erbbaurechts („unbefristet sein kann“) hielt das Gericht für ausreichend bestimmt. Es genüge, auf das jeweilige Bau- oder Erbbaurechtsgesetz zu verweisen, um die „Maximalbelastung“ erkennbar zu machen.


Fazit für Laien

Wer sich im Grundbuch die Möglichkeit für ein vorrangiges Erbbaurecht oder dessen spätere Änderung sichern möchte, muss sehr präzise sein.

Die Kernaussage des Gerichts: Die Formulierung des Rangvorbehalts muss den nachrangigen Gläubigern (hier den Leitungsberechtigten) eine verlässliche Einschätzung der maximalen Tragweite des Nachrangs ermöglichen. Bei unbegrenzten finanziellen Risiken, wie durch „beliebige Vereinbarungen“, ist diese Grenze überschritten.

Das OLG hat wegen der grundsätzlichen Bedeutung des Falles die Rechtsbeschwerde zum Bundesgerichtshof zugelassen. Das heißt, die Sache ist noch nicht abschließend geklärt und könnte in die nächste Runde gehen.

RA und Notar Krau

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