Zum rechtlichen Interesse für die Akteneinsicht nach § 299 II ZPO
OLG Frankfurt am M 20 VA 20/15
Beschl. v. 21.06.2016,
Anmerkung: Die Entscheidung ist nicht anfechtbar.
Kernaussage:
Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main hat entschieden, dass ein Dritter, der in einem separaten Verfahren
von einem Insolvenzverwalter auf Rückzahlung von Zahlungen in Anspruch genommen wird, ein rechtliches Interesse an der Akteneinsicht in einem anderen Verfahren haben kann,
wenn dieses Verfahren Informationen enthält, die für die Verteidigung im eigenen Verfahren relevant sein könnten.
Sachverhalt:
Die Antragstellerin, eine US-amerikanische Limited Liability Partnership, wurde in einem Zivilprozess (Sekundärverfahren)
vom Insolvenzverwalter der A SE auf Rückzahlung von Honoraren wegen Insolvenzanfechtung in Anspruch genommen.
Die Antragstellerin hatte im Zusammenhang mit Sanierungsbemühungen der A SE eine Gruppe von Gläubigern beraten.
Der Insolvenzverwalter machte geltend, dass die A SE der Antragstellerin dafür Zahlungen geleistet habe, die er nun zurückforderte.
Parallel dazu führte der Insolvenzverwalter ein weiteres Verfahren (Ausgangsverfahren) gegen eine andere Rechtsanwaltskanzlei,
die ebenfalls im Rahmen der Sanierungsbemühungen der A SE tätig war.
Auch hier ging es um die Rückforderung von Honorarzahlungen wegen Insolvenzanfechtung.
Die Antragstellerin beantragte Akteneinsicht in das Ausgangsverfahren, da sie der Ansicht war, dass die Akten Informationen enthalten könnten,
die für ihre Verteidigung im Sekundärverfahren relevant seien.
Der Präsident des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main lehnte den Antrag jedoch ab.
Entscheidung des Gerichts:
Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main hob die Entscheidung des Präsidenten des Oberlandesgerichts auf
und verpflichtete ihn, über den Antrag der Antragstellerin unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden.
Das Gericht stellte fest, dass die Antragstellerin ein rechtliches Interesse an der Akteneinsicht im Sinne des § 299 Abs. 2 ZPO habe.
Ein solches rechtliches Interesse liege vor, wenn dem Dritten zustehende Rechte durch den Akteninhalt berührt werden.
Dazu gehörten auch rechtlich begründete wirtschaftliche Interessen.
Das Verfahren selbst oder wenigstens der ihm zugrunde liegende Sachverhalt müsse für die rechtlichen Belange des Gesuchstellers von konkreter Bedeutung sein.
Im vorliegenden Fall sei dies gegeben, da beide Verfahren in unmittelbarem Zusammenhang mit den Sanierungsbemühungen der A SE standen.
Die Antragstellerin könne aus den Akten des Ausgangsverfahrens möglicherweise Informationen gewinnen, die für ihre Verteidigung im Sekundärverfahren relevant seien.
Insbesondere könne sie Erkenntnisse darüber gewinnen, ob die Sanierungsbemühungen der A SE überhaupt Aussicht auf Erfolg hatten.
Dies sei relevant für die Frage, ob die Zahlungen an die Antragstellerin anfechtbar seien.
Das Gericht betonte, dass die bloße Tatsache, dass sowohl die Antragstellerin als auch die Beklagte des
Ausgangsverfahrens von einem Insolvenzverwalter auf Rückzahlung von Zahlungen in Anspruch genommen werden,
nicht ausreiche, um ein rechtliches Interesse an der Akteneinsicht zu begründen.
Es müsse vielmehr ein konkreter Bezug zwischen den beiden Verfahren bestehen.
Bedeutung der Entscheidung:
Die Entscheidung des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main verdeutlicht, dass ein Dritter, der in einem separaten Verfahren
von einem Insolvenzverwalter auf Rückzahlung von Zahlungen in Anspruch genommen wird, ein rechtliches Interesse an der Akteneinsicht in einem anderen Verfahren haben kann,
wenn dieses Verfahren Informationen enthält, die für die Verteidigung im eigenen Verfahren relevant sein könnten.
Dies gilt insbesondere dann, wenn beide Verfahren in einem Zusammenhang stehen, wie im vorliegenden Fall die Sanierungsbemühungen der A SE.
Die Entscheidung stärkt die Rechte von Dritten, die in Insolvenzanfechtungsfällen in Anspruch genommen werden.
Sie können sich nun leichter Zugang zu Informationen verschaffen, die für ihre Verteidigung relevant sind.
Weitere Punkte:
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Entscheidung des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main eine wichtige
Klarstellung zum rechtlichen Interesse an der Akteneinsicht nach § 299 Abs. 2 ZPO darstellt.
Sie stärkt die Rechte von Dritten, die in Insolvenzanfechtungsfällen in Anspruch genommen werden, und erleichtert ihnen den Zugang zu relevanten Informationen.
Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.
Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.
Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.
Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.
Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.
Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.
Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.
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Durch die schlichte Anfrage kommt noch kein kostenpflichtiges Mandat zustande.