Rechtsfolgen des einseitigen Widerrufs der Verfügungen in einem gemeinschaftlichen Testament
OLG Hamm, Beschluss vom 05.11.2013 – 15 W 17/13
Dieser Beschluss des Oberlandesgerichts Hamm ist ein Fall aus dem Erbrecht und betrifft gemeinschaftliche Testamente von Ehegatten.
Ein Ehepartner kann den Widerruf seiner Verfügungen in einem gemeinschaftlichen Testament auch gegenüber dem Betreuer des anderen, pflegebedürftigen Ehepartners erklären, wenn dieser für die Vermögensangelegenheiten zuständig ist. Die Verfügungen werden dadurch unwirksam, weil sie wechselbezüglich sind (die Verfügungen stehen oder fallen miteinander).
Ein Ehepaar hatte ein gemeinschaftliches Testament aufgesetzt. Darin setzten sie sich gegenseitig als Erben ein und bestimmten Schlusserben (die nach dem Tod beider erben sollten). Später wurde die Ehefrau betreut (u.a. für Vermögensangelegenheiten). Der Ehemann wollte das Testament ändern und widerrief seine darin enthaltenen Verfügungen gegenüber der Betreuerin seiner Frau beim Notar. Er setzte danach andere Erben ein. Nach dem Tod der Frau stritten die ursprünglich eingesetzten Schlusserben darum, ob das ursprüngliche Testament der Frau trotzdem noch gültig sei.
Das OLG Hamm bestätigte, dass der Widerruf des Ehemanns wirksam war und die Verfügungen der Ehefrau im gemeinschaftlichen Testament ebenfalls unwirksam machte.
Der Widerruf muss dem anderen Ehepartner zu Lebzeiten zugehen. Das Gericht stellte klar, dass die Betreuerin der Ehefrau, deren Zuständigkeitsbereich auch die Vermögensangelegenheiten umfasste, den Widerruf stellvertretend entgegennehmen durfte. Die Entgegennahme ist keine „höchstpersönliche“ Handlung, die nur die Ehefrau selbst hätte vornehmen können.
Im Testament war ausdrücklich festgelegt, dass die Verfügungen wechselbezüglich sein sollten. Das bedeutet, die Verfügung des einen Ehegatten ist nur wirksam, weil der andere auch eine bestimmte Verfügung getroffen hat. Wenn der Mann seine Verfügung widerruft, entfällt damit automatisch die Grundlage für die Verfügung der Frau. Es gab keine Anzeichen dafür, dass die Frau ihre eigenen Verfügungen auch nach dem Widerruf ihres Mannes noch hätte aufrechterhalten wollen.
Durch den wirksamen Widerruf des Mannes wurde das gemeinsame Testament (bis auf die Anordnung der Testamentsvollstreckung) insgesamt unwirksam. Damit trat eine frühere, nicht wechselbezügliche letztwillige Verfügung in Kraft.
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