Rechtsgeschäftliche Vertretung bei der Ausschlagung
Guten Tag, liebe Leserinnen und Leser,
als Notar und Rechtsanwalt stehe ich Ihnen gerne zur Seite, wenn es um komplexe rechtliche Themen geht. Heute möchte ich mit Ihnen über ein wichtiges Thema sprechen, das viele von uns betrifft: die Erbschaftsausschlagung. Was passiert, wenn Sie eine Erbschaft nicht annehmen möchten, und wer kann das für Sie erledigen? In diesem Blogbeitrag erkläre ich Ihnen verständlich, wie Sie oder eine Person Ihres Vertrauens eine Erbschaft wirksam ausschlagen können.
Stellen Sie sich vor, Sie erben etwas, möchten es aber nicht annehmen – vielleicht, weil die Erbschaft überschuldet ist oder Sie einfach keinen Bezug dazu haben. Normalerweise können Sie eine Erbschaft selbst beim Nachlassgericht ausschlagen. Doch was, wenn Sie dazu nicht in der Lage sind oder es Ihnen zu kompliziert erscheint?
Die gute Nachricht ist: Sie müssen die Erbschaft nicht zwingend persönlich ausschlagen. Das Gesetz erlaubt es, dass eine andere Person dies für Sie übernimmt. Man spricht hier von einer Bevollmächtigung. Das bedeutet, Sie erteilen jemandem die Erlaubnis, in Ihrem Namen zu handeln.
Hier sind die Möglichkeiten vielfältig:
Wichtig ist: Es handelt sich hierbei nicht um eine „unzulässige Übertragung des Ausschlagungsrechts“. Die Erklärung wird rechtlich immer noch Ihnen zugerechnet, auch wenn sie jemand anderes für Sie abgibt.
Sie fragen sich vielleicht, ob Sie eine spezielle Vollmacht nur für die Erbschaftsausschlagung benötigen. Die Antwort lautet: Nein.
Eine spezielle Vollmacht ist nicht zwingend erforderlich. Auch eine Generalvollmacht (eine Vollmacht, die Sie zu nahezu allen Rechtsgeschäften bevollmächtigt) oder eine Vorsorgevollmacht (die für den Fall Ihrer Handlungsunfähigkeit ausgestellt wird) kann ausreichen. Wichtig ist nur, dass aus der Vollmacht nicht hervorgeht, dass das Recht zur Ausschlagung ausdrücklich ausgeschlossen sein soll.
Was ist mit einer „postmortalen Vollmacht“? Das ist eine Vollmacht, die auch über den Tod hinaus gültig ist. Damit kann zum Beispiel der länger lebende Ehepartner eine Erbschaft ausschlagen, selbst wenn er zwischenzeitlich selbst verstorben ist. Solange die Vollmacht wirksam ist, ist dies rechtlich zulässig.
Gerade bei der Erbschaftsausschlagung ist die Form der Vollmacht entscheidend. Eine einfache schriftliche Vollmacht genügt hier leider nicht.
Ihre Vollmacht muss öffentlich beglaubigt oder öffentlich beurkundet sein. Was bedeutet das?
Achtung: Eine Beglaubigung durch eine Betreuungsbehörde (wie sie oft bei Vorsorgevollmachten vorkommt) reicht für die Erbschaftsausschlagung nicht aus. Hier ist eine notarielle Beglaubigung oder Beurkundung unerlässlich.
Wenn jemand anderes für Sie die Erbschaft ausschlägt, muss das Nachlassgericht die Vollmacht auch prüfen können. Es reicht nicht aus, nur zu sagen, dass eine Vollmacht existiert.
Die gute Nachricht ist: Die Vollmacht muss nicht zwingend sofort bei der Abgabe der Ausschlagungserklärung vorliegen. Sie kann auch innerhalb der Ausschlagungsfrist nachgereicht werden. Die Gerichte sind nicht berechtigt, die Ausschlagung sofort abzulehnen, nur weil die Vollmacht noch nicht da ist.
Aber aufgepasst: Wenn die Ausschlagung öffentlich beglaubigt erfolgt (was der Regelfall ist), muss dem Nachlassgericht die Originalvollmacht oder eine Ausfertigung (eine besondere beglaubigte Kopie des Notars) vorgelegt werden. Eine einfache Kopie oder eine beglaubigte Abschrift der Vollmacht reicht nicht aus. Auch eine Bestätigung des Notars, dass er die Originalvollmacht gesehen hat, genügt nicht, wenn die Originalvollmacht selbst nicht eingereicht wird.
Es kann vorkommen, dass jemand eine Erbschaft für Sie ausschlägt, ohne dass er oder sie eine gültige Vollmacht hatte. In diesem Fall spricht man von einem „vertreter ohne Vollmacht“. Aber keine Sorge, das ist kein Beinbruch:
Sie können diese Ausschlagung nachträglich genehmigen. Diese Genehmigung muss dann aber ebenfalls in der vorgeschriebenen Form (also öffentlich beglaubigt) erfolgen und innerhalb der Ausschlagungsfrist beim Nachlassgericht eingehen. Im Grunde wird Ihre Genehmigung dann wie eine eigene, verspätete Ausschlagungserklärung behandelt.
Für Unternehmen und juristische Personen (wie GmbHs oder AGs) gelten teilweise andere Regeln. Wenn die Erbschaft eindeutig dem Geschäftsbetrieb zugeordnet werden kann, darf auch ein Prokurist die Erbschaft ausschlagen. Ein Prokurist ist eine Person mit einer besonderen, weitreichenden Vollmacht im kaufmännischen Bereich.
Allerdings muss auch hier die Prokura-Stellung gegenüber dem Nachlassgericht nachgewiesen werden, zum Beispiel durch einen aktuellen beglaubigten Handelsregisterauszug oder eine notarielle Vertretungsbescheinigung.
Ich hoffe, dieser Überblick hat Ihnen geholfen, das komplexe Thema der Erbschaftsausschlagung und Bevollmächtigung besser zu verstehen. Wenn Sie weitere Fragen haben oder eine individuelle Beratung wünschen, stehe ich Ihnen als Rechtsanwalt und Notar Krau gerne zur Verfügung.
Ihr RA und Notar Krau