| Rechtswahl bei Mobbingvorwürfen in Arbeitsverhältnis mit Auslandsberührung LAG Köln 5 Sa 1085/09 Art. 3 Rom I-VO, 4 Rom II-VO – Freie Rechtswahl – Anwendungsbereich des gewählten Rechts – Allgemeine Kollisionsnorm – Ausweichklausel des Art. 4 Abs. 3 Rom II-VO bei „offensichtlich engerer Verbindung“ zu einem anderen Staat – Sonderverbindung aus einem bereits bestehenden Rechtsverhältnis der Parteien |
Kernaussage:
Das Urteil des Landesarbeitsgerichts (LAG) Köln vom 12. Juli 2010 befasst sich mit der Frage des anwendbaren Rechts und der Reichweite
der Rechtswahl bei Mobbingvorwürfen in einem Arbeitsverhältnis mit Auslandsberührung.
Das LAG entschied, dass das von den Parteien gewählte Recht nicht nur für vertragliche, sondern auch für deliktische Ansprüche gilt.
Rechtswahl bei Mobbingvorwürfen in Arbeitsverhältnis mit Auslandsberührung
Im konkreten Fall konnte die Klägerin ihre Mobbingvorwürfe jedoch nicht beweisen und der Schmerzensgeldanspruch wurde abgewiesen.
Sachverhalt:
Die Klägerin, eine deutsche Fernfahrerin, war bei der italienischen Beklagten beschäftigt.
Der Arbeitsvertrag sah die Geltung italienischen Rechts vor.
Die Klägerin fühlte sich von ihrem Disponenten gemobbt, da dieser sie entgegen einer angeblichen Zusage nicht ausschließlich im Mega-Verkehr,
sondern auch im Kombi-Verkehr einsetzte.
Sie erlitt einen Arbeitsunfall und war in der Folgezeit arbeitsunfähig krank.
Die Klägerin klagte auf Schmerzensgeld und Feststellung der Ersatzpflicht für weitere Schäden.
Rechtliche Würdigung:
Rechtswahl bei Mobbingvorwürfen in Arbeitsverhältnis mit Auslandsberührung |
Das LAG Köln wies die Berufung der Klägerin zurück.
1. Internationale Zuständigkeit:
Das LAG bestätigte die Zuständigkeit der deutschen Arbeitsgerichte.
2. Unzulässigkeit des Feststellungsantrags:
Der Feststellungsantrag wurde als unzulässig abgewiesen, da er nicht hinreichend bestimmt war und die Klägerin keine Anhaltspunkte für einen über den Schmerzensgeldanspruch hinausgehenden Schaden vorgetragen hatte.
Rechtswahl bei Mobbingvorwürfen in Arbeitsverhältnis mit Auslandsberührung
3. Anwendbares Recht:
Das LAG stellte fest, dass italienisches Recht anzuwenden ist, da die Parteien dies wirksam vereinbart hatten.
Die Rechtswahl entzog der Klägerin auch nicht den Schutz zwingender deutscher Bestimmungen.
4. Reichweite der Rechtswahl:
Das LAG entschied, dass die Rechtswahl nicht nur vertragliche, sondern auch deliktische Ansprüche erfasst.
Dies folgt aus Art. 41 EGBGB (deutsche Vorgängernorm zu Art. 4 Abs. 3 Rom II-VO), wonach bei einer engeren Verbindung zu einem anderen Staat dessen Recht auch für deliktische Ansprüche gilt.
Eine solche engere Verbindung kann sich aus einem bestehenden Arbeitsverhältnis ergeben.
5. Mobbing nach italienischem Recht:
Das LAG verglich die einschlägigen deutschen und italienischen Rechtsvorschriften und stellte fest, dass beide Rechtsordnungen keine spezialgesetzlichen Vorschriften zum Mobbing enthalten.
Die Definition von Mobbing orientiert sich am Begriff der Belästigung in § 3 Abs. 3 AGG, der auf europäischen Richtlinien basiert.
6. Keine Pflichtverletzung der Beklagten:
Das LAG konnte keine Pflichtverletzung der Beklagten feststellen.
Die Klägerin hatte die Mobbingvorwürfe der Beklagten nicht unmittelbar mitgeteilt.
Es war auch nicht ersichtlich, dass die Weisung, im Kombi-Verkehr zu fahren, die moralische Integrität der Klägerin verletzt hatte.
7. Keine Gesundheitsverletzung:
Die Klägerin konnte keine Gesundheitsverletzung darlegen, die kausal auf der beanstandeten Weisung beruhte.
Sie machte keine substantiierten Angaben zu ihrer Depression und legte keine ärztlichen Bescheinigungen vor.
Fazit:
Das LAG Köln-Urteil vom 12. Juli 2010 verdeutlicht die Bedeutung der Rechtswahlklausel in Arbeitsverträgen mit Auslandsberührung.
Die Rechtswahl erfasst sowohl vertragliche als auch deliktische Ansprüche.
Im konkreten Fall konnte die Klägerin ihre Mobbingvorwürfe nicht beweisen und der Schmerzensgeldanspruch wurde abgewiesen.
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