Rechtsweg – Insolvenzanfechtung von Lohn- und Annexsteuern

April 6, 2020

Rechtsweg – Insolvenzanfechtung von Lohn- und Annexsteuern – BAG Beschluss vom 17.9.2014 – 10 AZB 4/14

Zusammenfassung RA und Notar Krau

Der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten ist zulässig, wenn der Insolvenzverwalter vom Finanzamt die Rückgewähr

von vom Schuldner entrichteten Lohn- und Annexsteuern nach § 143 Abs. 1 InsO verlangt.

Tenor

Die Rechtsbeschwerde des klagenden Landes gegen den Beschluss des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 16. Dezember 2013 – 2 Ta 348/13 – wird zurückgewiesen.

Das klagende Land trägt die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens.

Der Streitwert wird auf 1.300,00 Euro festgesetzt.

Gründe

I. Ausgangsverfahren

Die Parteien streiten über die Verpflichtung des klagenden Landes, nach einer Insolvenzanfechtung durch den Beklagten Lohn- und Annexsteuern an die Insolvenzmasse zurückzugewähren.

Der Beklagte ist der Insolvenzverwalter im Insolvenzverfahren über das Vermögen des Hoteliers J., das am 1. April 2011 eröffnet wurde.

Rechtsweg – Insolvenzanfechtung von Lohn- und Annexsteuern

Das klagende Land möchte feststellen lassen, dass dem Beklagten keine Forderungen aufgrund der Anfechtung

der vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens abgeführten Lohn- und Annexsteuern in Höhe von 3.248,71 Euro zustehen.

Nach Auffassung des klagenden Landes sind die Gerichte für Arbeitssachen zuständig, da es sich bei den Lohn- und Annexsteuern um Bestandteile des Arbeitsentgelts handelt.

Das Arbeitsgericht hat den Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen für unzulässig erklärt und den Rechtsstreit an das Amtsgericht verwiesen.

Das Landesarbeitsgericht hat die Beschwerde des klagenden Landes zurückgewiesen.

Mit der Rechtsbeschwerde begehrt das klagende Land die Aufhebung der Beschlüsse des Arbeitsgerichts und des Landesarbeitsgerichts und die Zulassung des Rechtswegs zu den Gerichten für Arbeitssachen.

II. Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts

Die Rechtsbeschwerde ist unbegründet.

Das Landesarbeitsgericht hat die Beschwerde des klagenden Landes zu Recht zurückgewiesen.

Für den Rechtsstreit ist nach § 13 GVG der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten zulässig.

Verfahrensfehler

Rechtsweg – Insolvenzanfechtung von Lohn- und Annexsteuern

Die angefochtene Entscheidung des Landesarbeitsgerichts ist nicht bereits deshalb aufzuheben, weil die Entscheidungen des Arbeitsgerichts im Wege einer Alleinentscheidung des Vorsitzenden ergangen sind.

Nach § 48 Abs. 1 Nr. 2 ArbGG hätte die Entscheidung durch die Kammer getroffen werden müssen.

Der Fehler wirkt sich jedoch nicht auf den angefochtenen Beschluss des Landesarbeitsgerichts aus, da dieses ordnungsgemäß ohne Hinzuziehung der ehrenamtlichen Richter entschieden hat.

Sachliche Zuständigkeit

Für das Ausgangsverfahren ist gemäß § 13 GVG der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten zulässig.

Die Zuständigkeit der Gerichte für Arbeitssachen nach § 2 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a ArbGG ist nicht gegeben, weil das klagende Land nicht Arbeitnehmer des Schuldners ist.

Der Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten ist auch nicht nach § 3 ArbGG eröffnet.

Der Streit über die Rückgewähr vom Schuldner geleisteter Arbeitsvergütung nach § 143 Abs. 1 InsO ist eine Rechtsstreitigkeit zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern, jedoch wehrt das klagende Land hier

nicht als Rechtsnachfolger der Arbeitnehmer Ansprüche des Insolvenzverwalters auf Rückgewähr verdienten Arbeitsentgelts ab.

Der Rechtsstreit betrifft die Rückabwicklung einer steuerrechtlichen Beziehung zwischen dem klagenden Land und dem Schuldner, der als Arbeitgeber seine eigene Steuerschuld erfüllt hat.

Rechtsweg – Insolvenzanfechtung von Lohn- und Annexsteuern

Steuerrechtliche und arbeitsrechtliche Pflichten

Die Verpflichtung des Arbeitgebers zur Abführung der Lohnsteuer ergibt sich aus steuerrechtlichen Normen und ist von der arbeitsrechtlichen Vergütungsforderung getrennt zu betrachten.

Die Lohnsteuer wird durch Abzug vom Arbeitslohn erhoben und die Steuerschuld des Arbeitnehmers erlischt durch den Einbehalt der Lohnsteuer.

Die Abführung der Lohnsteuer an das Finanzamt erfolgt zur Erfüllung einer öffentlich-rechtlichen Verpflichtung des Arbeitgebers und nicht „für Rechnung des Arbeitnehmers“.

Rückforderung von zu Unrecht abgeführter Lohnsteuer

Wenn der Arbeitgeber zu Unrecht Lohnsteuer an das Finanzamt abgeführt hat, ist nur er zur Rückforderung berechtigt.

Der Arbeitnehmer muss nicht befürchten, nochmals für die Lohnsteuer in Anspruch genommen zu werden, es sei denn,

er weiß, dass die einbehaltene Lohnsteuer nicht vorschriftsmäßig angemeldet wurde und teilt den Sachverhalt nicht unverzüglich dem Finanzamt mit.

Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte

Der Anfechtungsrechtsstreit gehört als bürgerlich-rechtlicher Rechtsstreit gemäß § 13 GVG vor die ordentlichen Gerichte, wenn die Zuständigkeit der Gerichte für Arbeitssachen nicht gegeben ist.

Schlagworte

Warnhinweis:

Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

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