Reform des Teilzeitarbeitsrechts
Aufsatz von Professor Dr. Dr. h. c. Ulrich Preis und Katharina Schwarz, NJW 2018, 3673
Die Reform des Teilzeitarbeitsrechts, beschlossen vom Bundestag am 18.10.2018 und vom Bundesrat am 23.11.2018 (BR-Drs. 521/18), trat am 1.1.2019 in Kraft.
Kernstück ist die Einführung der Brückenteilzeit (§ 9a TzBfG), die Arbeitnehmern einen zeitlich befristeten Anspruch auf Teilzeit ermöglicht.
Während das Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG) von 2001 primär beschäftigungspolitische Ziele verfolgte, rücken nun arbeitsrechtliche, gleichstellungs- und familienpolitische Aspekte in den Vordergrund.
Arbeitnehmer sollen freiwillig Teilzeit arbeiten können, ohne unfreiwillig darin verbleiben zu müssen.
Die Brückenteilzeit soll die Arbeitszeit flexibilisieren, allerdings wird die Praktikabilität des Anspruchs kritisch gesehen.
Die fehlende Harmonisierung mit anderen Teilzeitregelungen (PflegeZG, BEEG) führt zu Systembrüchen.
Textformerfordernis:
Anträge auf Teilzeit müssen in Textform erfolgen (§§ 8 II 1, 9a III TzBfG).
Beweislast:
Der Arbeitgeber muss nachweisen, dass kein freier Arbeitsplatz für eine Verlängerung der Arbeitszeit vorhanden ist (§ 9 TzBfG).
Arbeit auf Abruf:
Die fingierte Arbeitszeit bei Null-Stunden-Verträgen wird auf 20 Stunden pro Woche erhöht (§ 12 I 3 TzBfG), und der Abrufrahmen wird begrenzt (§ 12 II TzBfG).
Anspruchsinhalt:
Arbeitnehmer können eine befristete Verringerung ihrer Arbeitszeit verlangen. Nach Ablauf des Zeitraums kehren sie automatisch zur ursprünglichen Arbeitszeit zurück.
Systematische Stellung:
§ 9a TzBfG regelt die Brückenteilzeit in einem eigenen Paragrafen mit Verweisen auf § 8 TzBfG.
Voraussetzungen:
Wartezeit:
Das Arbeitsverhältnis muss länger als sechs Monate bestehen.
Der Antrag muss drei Monate vor Beginn der Teilzeit gestellt werden, was faktisch eine Wartezeit von neun Monaten ergibt.
Mindestbeschäftigtenzahl:
Der Anspruch besteht nur, wenn der Arbeitgeber in der Regel mehr als 45 Arbeitnehmer beschäftigt.
Im Voraus bestimmter Zeitraum:
Die Teilzeit muss mindestens ein Jahr und darf höchstens fünf Jahre dauern. Während dieser Zeit und ein Jahr danach besteht kein allgemeiner Anspruch auf weitere Veränderungen der Arbeitszeit.
Formgerechter Antrag:
Der Antrag muss in Textform erfolgen.
Sachgrundlosigkeit:
Der Anspruch auf Brückenteilzeit ist nicht an einen bestimmten Sachgrund gebunden.
Keine Begrenzung des Volumens:
Es gibt keine Regelung, wie stark die Arbeitszeit reduziert werden darf.
Verhandlungsphase und Mitteilung:
Das Verfahren entspricht dem von § 8 TzBfG. Die Mitteilung des Arbeitgebers kann in Textform erfolgen.
Gesetzliche Fiktion:
Wenn keine Einigung erzielt wird und der Arbeitgeber die Ablehnung nicht, nicht rechtzeitig oder nicht formgerecht erklärt, gilt die Verringerung der Arbeitszeit als bewilligt.
Betriebliche Gründe:
Der Arbeitgeber kann den Antrag ablehnen, wenn betriebliche Gründe entgegenstehen.
Differenzierte Berücksichtigung:
In Unternehmen mit 46-200 Arbeitnehmern muss der Anspruch nur einem pro angefangene 15 Arbeitnehmer gewährt werden.
Verhältnis der Sperrfristen:
Während und ein Jahr nach der Brückenteilzeit bestehen Sperrfristen für weitere Teilzeitansprüche.
Sperrfrist nach Rückkehr:
Es ist unklar, ob der Antrag auf Brückenteilzeit bereits vor Ablauf der Jahresfrist gestellt werden kann.
Rechtsfolgen:
Für den Arbeitnehmer entstehen Nachteile durch Sperrfristen.
Für den Arbeitgeber entsteht ein freiwerdendes Arbeitsvolumen, das aufgefangen werden muss.
Umkehr der Beweislast:
Der Arbeitgeber muss nachweisen, dass kein freier Arbeitsplatz vorhanden ist.
Ermessensentscheidung:
Bei mehreren Teilzeitbeschäftigten muss der Arbeitgeber seine Entscheidung nach billigem Ermessen treffen.
Definition des freien Arbeitsplatzes:
Ein freier Arbeitsplatz liegt vor, wenn die gleiche oder eine vergleichbare Tätigkeit auszuüben ist.
Arbeitnehmer haben einen Anspruch auf Erörterung der Dauer und Lage ihrer Arbeitszeit.
Anhebung der Fiktionswirkung:
Die fiktive Wochenarbeitszeit wird auf 20 Stunden angehoben (§ 12 I 3 TzBfG).
Begrenzung des Abrufrahmens:
Der Arbeitgeber darf maximal 25 % einer vereinbarten Mindestarbeitszeit zusätzlich abrufen (§ 12 II TzBfG).
Entgeltfortzahlung:
Im Krankheitsfall und an Feiertagen ist die durchschnittliche Arbeitszeit der letzten drei Monate maßgeblich (§ 12 IV, V TzBfG).
Die Brückenteilzeit bringt aufgrund von Sperrfristen und der im Voraus zu bestimmenden Dauer wenig Flexibilität für den Arbeitnehmer.
Der Anwendungsbereich des Anspruchs ist in der Praxis verhältnismäßig klein.