Reisekrankenversicherung als Nebenprodukt eines Kreditkartenvertrags
OLG Bremen Hinweisbeschluss vom 21.8.2024 – 3 U 46/23
Eine Kreditkarte kommt oft nicht allein: Manchmal ist in der Jahresgebühr automatisch eine Auslandsreisekrankenversicherung enthalten.
Das Urteil des Oberlandesgerichts (OLG) Bremen beleuchtet, welche Bedingungen an diesen „Versicherungsschutz als Nebenprodukt“ geknüpft sein können und ob diese für Laien verständlich sind.
Ein Mann, Inhaber einer Premium-Kreditkarte („AP Card“), reiste mit seiner Frau und seinem Kind in die USA. Die Kreditkarte enthielt eine Auslandsreisekrankenversicherung. Der Mann buchte seinen Flug separat und bezahlte ihn mit seiner AP Card. Die Flüge für seine Ehefrau und das Kind wurden jedoch mit der Kreditkarte der Ehefrau bezahlt. Während der Reise erkrankte die Ehefrau schwer und musste operiert werden, wodurch Kosten von über 30.000 US-Dollar entstanden. Die Versicherung lehnte die Erstattung ab.
Die Allgemeinen Versicherungsbedingungen (AVB) der Kreditkartenversicherung sahen vor: Versicherungsschutz besteht „nur mit Karteneinsatz“. Eine „Reise“ ist nur dann versichert, wenn sie „mit Ihrer AP Card gezahlt“ wurde. Der Schutz gilt für den Karteninhaber und dessen Familie.
Die Ehefrau erkrankte zwar, aber ihre Reise war nicht mit der AP Card des Ehemanns bezahlt worden. Damit lag kein versicherter Reisefall vor.
Das OLG Bremen bestätigte die Entscheidung der Vorinstanz, die Klage abgewiesen hatte. Die Richter sahen in der Bedingung keine unzulässige oder überraschende Klausel im Sinne des deutschen Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB, §§ 305c I, 307).
Eine Klausel ist überraschend, wenn niemand damit rechnen müsste und sie so ungewöhnlich ist, dass der Kunde nicht mit ihr rechnen muss.
Die Reisekrankenversicherung ist hier ein Nebenprodukt des Kreditkartenvertrags. Sie dient (auch) als Anreiz, die Kreditkarte zu nutzen.
Es ist nicht überraschend, dass der Versicherungsschutz an die Nutzung der Karte geknüpft ist. Bei einem Produkt, das an die Kreditkarte gebunden ist, rechnet der Kunde mit einer Verbindung zwischen Karte und Leistung.
Eine Klausel ist intransparent, wenn sie unklar und unverständlich formuliert ist.
Die Versicherungsbedingungen nannten den „Karteneinsatz“ mehrfach als Voraussetzung für den Versicherungsschutz. Die Definition der versicherten „Reise“ war klar an die Zahlung mit der AP Card gebunden.
Ein durchschnittlicher, um Verständnis bemühter Versicherungsnehmer muss erkennen, dass der Schutz nur bei Kartenzahlung der Reiseleistung gilt.
Die Erkrankung der Ehefrau trat nicht während einer „bedingungsgemäßen Reise“ auf. Der Mann war auf einer versicherten Reise, da er seinen Flug mit der Karte bezahlte. Aber er erkrankte nicht. Die Ehefrau erkrankte, aber ihre Reiseleistungen wurden nicht mit der AP Card des Mannes bezahlt. Der Schutz für die Familie setzt voraus, dass die Reise, an der sie teilnehmen, überhaupt erst durch Karteneinsatz versichert ist. Es reicht nicht aus, dass der Karteninhaber selbst einen Teil seiner Reise mit der Karte bezahlt hat.
Dieses Urteil unterstreicht, wie wichtig es ist, die Bedingungen von Versicherungen, die als „Gratis-Leistungen“ oder „Nebenprodukte“ mit einer Kreditkarte verbunden sind, genau zu prüfen:
Oft ist der Schutz direkt an die Nutzung der Kreditkarte geknüpft. Es muss die gesamte oder zumindest der Hauptteil der Reise (z. B. Flug oder Hotel) mit genau dieser Kreditkarte bezahlt werden.
Wer ist versichert (Karteninhaber, Familie, Zusatzkarteninhaber)?
Auch wenn die Familie mitversichert ist, muss ihre Reise trotzdem die Zahlungsbedingung erfüllen.
Neben der Zahlungsbedingung sind auch Höchstgrenzen (z. B. „max. 120 Tage je Reise“) und Ausschlüsse zu beachten.
Der vermeintliche „kostenlose“ Versicherungsschutz einer Kreditkarte ist keine allgemeine, unabhängige Reisekrankenversicherung. Er dient primär dazu, die Nutzung der Karte zu fördern, und der Kunde muss die Karte auch wirklich nutzen, um den Schutz zu aktivieren.
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