Reiserücktrittsversicherung und Psyche: Die Rechtslage seit 2013

November 1, 2025

Reiserücktrittsversicherung und Psyche: Die Rechtslage seit 2013

Die Entwicklung der Rechtslage zu Reiserücktrittsversicherungen und psychischen Erkrankungen seit 2013 ist ein komplexes Feld, das für Laien oft unübersichtlich ist. Hier eine verständliche Erläuterung der möglichen Entwicklungen und des aktuellen Stands, wobei ich versuche, mich an Ihre Wortvorgabe zu halten:

Die Frage, ob eine Reiserücktrittsversicherung die Kosten übernimmt, wenn eine Reise wegen einer psychischen Erkrankung nicht angetreten werden kann, ist seit vielen Jahren ein juristisches Streitthema. Das Jahr 2013 kann hier als wichtiger Ausgangspunkt dienen, da in dieser Zeit einige Urteile fielen, die die grundsätzliche Haltung der Versicherer bestätigten.

Der Ausgangspunkt: Wirksamer Ausschluss um 2013

Um das Jahr 2013 herum bestätigten Gerichte, wie das Amtsgericht München und später das Landgericht München I (Urteile von 2013 und 2015), die Wirksamkeit von Ausschlussklauseln in den Allgemeinen Versicherungsbedingungen (AVB) von Reiserücktrittsversicherungen, die Leistungen bei psychischen Erkrankungen ausschließen.

Die Argumentation der Gerichte:

Die Gerichte entschieden in diesen Fällen, dass ein solcher Ausschluss nicht „überraschend“ sei (§ 305c BGB) und den Versicherungsnehmer auch nicht unangemessen benachteilige (§ 307 BGB). Man argumentierte, dass in anderen Versicherungszweigen (wie etwa der Unfallversicherung) solche Ausschlüsse ebenfalls üblich und zulässig seien.

Die Klausel wurde als klare Abgrenzung des Versicherungsumfangs und nicht als Aushöhlung des Vertragszwecks betrachtet. Der durchschnittliche Versicherungsnehmer müsse demnach damit rechnen, dass nicht alle denkbaren Rücktrittsgründe versichert sind.

Die Konsequenz:

Viele Standard-Reiserücktrittsversicherungen konnten sich auf ihre AVB berufen und die Zahlung verweigern, wenn der Reiserücktritt allein auf eine psychische Erkrankung zurückzuführen war, die nicht als „schwere“ oder „unerwartete“ körperliche Krankheit definiert wurde.

Die Entwicklung seit 2013: Differenzierung und Transparenz

Obwohl es kein grundlegendes Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) gibt, das diese Ausschlussklauseln pauschal für unwirksam erklärt hätte, hat sich die Rechtsprechung seither weiter differenziert und verfeinert, insbesondere im Hinblick auf die Formulierung der Klauseln und die Transparenz gegenüber dem Kunden.

Das Erfordernis der „Schwere“ und „Unerwartetheit“:

Die meisten Versicherer definieren den Versicherungsfall als eine „unerwartete und schwere Erkrankung“. Neuere BGH-Urteile (z.B. von 2022) haben die Formulierung „unerwartete und schwere“ Erkrankung in Reiseversicherungen grundsätzlich als transparent und damit wirksam bestätigt.

Die eigentliche Debatte verlagerte sich darauf, wann eine psychische Erkrankung die Kriterien der „Schwere“ und „Unerwartetheit“ erfüllt, selbst wenn sie nicht pauschal ausgeschlossen ist.

Viele moderne Tarife schließen psychische Erkrankungen nicht mehr gänzlich aus, sondern knüpfen die Leistung an strenge Nachweispflichten.

Die Rolle der Nachweispflichten:

Um heute eine Leistung zu erhalten, muss die psychische Erkrankung in der Regel als so schwerwiegend nachgewiesen werden, dass die Reise tatsächlich unzumutbar ist.

Reiserücktrittsversicherung und Psyche: Die Rechtslage seit 2013

Viele Tarife verlangen hierfür eine fachärztliche Bestätigung (z.B. durch einen Psychiater), die Genehmigung einer ambulanten Psychotherapie durch die Krankenkasse oder sogar einen stationären Krankenhausaufenthalt. Das bedeutet: Eine einfache Überforderung oder ein Burn-out ohne diese klaren Kriterien reicht oft nicht aus. Dies spiegelt sich in Urteilen jüngeren Datums (wie z.B. 2020 vor dem AG Hamburg-St. Georg) wider, in denen es um die Anforderungen an die Darlegung der Erkrankung ging. Die Hürde für den Versicherten ist also nach wie vor hoch.

Anpassung der AGBs durch Versicherer:

Einige Versicherer haben auf die gesellschaftliche Sensibilisierung und die juristische Debatte reagiert, indem sie ihre Tarife differenzierter gestaltet haben.

Es gibt mittlerweile Tarife am Markt (häufig gegen Aufpreis oder in Premium-Paketen), die psychische Erkrankungen ausdrücklich einschließen. Dies ist ein Trend, der sich als Reaktion auf die Kundenbedürfnisse entwickelt hat.

Im Gegenzug führen viele Standard-Tarife den Ausschluss oder die strikten Nachweispflichten weiterhin, da psychische Erkrankungen (im Gegensatz zu körperlichen Verletzungen) oft schwerer zu prognostizieren und objektiv zu bewerten sind, was eine genaue Kalkulation des Risikos erschwert.

Zusammenfassendes Fazit

Seit 2013 hat sich die Rechtslage nicht dramatisch zugunsten einer pauschalen Leistungspflicht der Versicherer gewandelt. Die damals bestätigte Möglichkeit, psychische Erkrankungen auszuschließen, ist im Grundsatz bestehen geblieben.

Die wichtigsten Punkte für Reisende sind:

Prüfen Sie Ihre AVB genauestens:

Gehen Sie nicht davon aus, dass Ihre Standard-Reiserücktrittsversicherung automatisch bei Burn-out, Depression oder Angststörungen leistet. Suchen Sie gezielt nach dem Stichwort „psychische Erkrankungen“ oder „seelische Störungen“.

Achten Sie auf die Kriterien:

Wenn ein Einschluss gegeben ist, prüfen Sie, welche Nachweise verlangt werden (z.B. fachärztliches Attest, stationäre Behandlung).

Spezialtarife wählen:

Wenn Ihnen der Versicherungsschutz für psychische Erkrankungen besonders wichtig ist, sollten Sie gezielt nach einem Tarif suchen, der diesen ausdrücklich und umfassend einschließt, und diesen gegebenenfalls dem günstigeren Standard-Tarif vorziehen.

Kurz gesagt:

Die Gerichte geben den Versicherern weiterhin viel Spielraum bei der Gestaltung ihrer Bedingungen, solange die Ausschlüsse klar und transparent sind. Die Verantwortung, die Versicherungsbedingungen genau zu prüfen, liegt somit weiterhin primär beim Reisenden.

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