Restitution enteignetes Grundstück an Vorerben

Juni 13, 2016

Auswirkungen der Restitution eines enteigneten Grundstücks an einen Vorerben,

Eintritt des Nacherbfalls

BGH IV ZR 144/08

RA und Notar Krau

 

Der Fall BGH IV ZR 144/08 befasst sich mit den Auswirkungen der Restitution eines enteigneten Grundstücks

an einen Vorerben nach dem Vermögensgesetz und dem Eintritt des Nacherbfalls.

Sachverhalt:

Ein Erblasser verstarb 1975 und setzte seine zweite Ehefrau als Vorerbin und seinen Sohn aus erster Ehe als Nacherben ein.

Zum Nachlass gehörten ursprünglich landwirtschaftliche Flächen, die 1959 enteignet und 1969 in Volkseigentum überführt wurden.

Restitution enteignetes Grundstück an Vorerben

Nach der Wiedervereinigung wurden die Grundstücke 1994 auf Grundlage des Vermögensgesetzes an die Vorerbin restituiert.

Diese verpachtete die Grundstücke und verstarb 2006.

Nach ihrem Tod stritten die Nacherben des Erblassers (Kläger) und die Erben der Vorerbin (Beklagte)

um das Eigentum an den Grundstücken und die Auszahlung des hinterlegten Pachtzinses.

Entscheidung des BGH:

Der BGH entschied, dass das Eigentum an den Grundstücken mit dem Eintritt des Nacherbfalls auf die Nacherben überging.

Begründung:

Restitution enteignetes Grundstück an Vorerben

  • Anwendbarkeit des § 2111 BGB: Der BGH stellte fest, dass § 2111 BGB, der die Surrogation im Erbrecht regelt, im vorliegenden Fall nicht direkt anwendbar ist. Die Vorschrift setzt voraus, dass es sich um einen Erbschaftsgegenstand oder ein zur Erbschaft gehörendes Recht handelt. Da die Grundstücke zum Zeitpunkt des Erbfalls nicht mehr zum Nachlass gehörten und der Restitutionsanspruch erst später durch das Vermögensgesetz entstand, lag diese Voraussetzung nicht vor.

  • Analoge Anwendung des § 2111 BGB: Der BGH wendete § 2111 BGB jedoch analog an. Er argumentierte, dass Sinn und Zweck des Vermögensgesetzes darin bestünden, den Zustand wiederherzustellen, der ohne die Enteignung bestanden hätte. Würde der Vorerbe die restituierten Grundstücke behalten, liefe dies dem Sinn und Zweck des Vermögensgesetzes zuwider. Die Nacherben würden leer ausgehen, obwohl ihnen die Grundstücke ohne die Enteignung zugestanden hätten.

  • Vergleichbare Fälle: Der BGH stützte seine Entscheidung auf vergleichbare Fälle, in denen eine analoge Anwendung des § 2111 BGB bereits anerkannt war, z.B. bei Ansprüchen nach dem Lastenausgleichsgesetz oder bei Entschädigungen für enteignete Grundstücke.

  • Abgrenzung zum Zugewinnausgleich: Der BGH grenzte den Fall von der Rechtsprechung des XII. Zivilsenats zum Zugewinnausgleich ab. Dort werden Restitutionsansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht dem Anfangsvermögen zugerechnet. Diese unterschiedliche Behandlung im Familien- und Erbrecht begründete der BGH mit den unterschiedlichen Schutzzwecken der Regelungen. Während der Zugewinnausgleich die Beteiligung am während der Ehe erwirtschafteten Vermögen zum Ziel hat, dient § 2111 BGB dem Schutz des Nachlasses als Sondervermögen.

  • Anspruch auf Auszahlung des Pachtzinses: Der BGH bejahte den Anspruch der Nacherben auf Auszahlung des Pachtzinses. Er argumentierte, dass die Nacherben mit dem Eintritt des Nacherbfalls gemäß § 2135 BGB in den Pachtvertrag eingetreten seien und ihnen daher der Pachtzins zustehe.

Restitution enteignetes Grundstück an Vorerben

Fazit:

Die Entscheidung des BGH verdeutlicht, dass die Restitution von enteigneten Grundstücken nach dem Vermögensgesetz auch Auswirkungen auf erbrechtliche Verhältnisse hat.

Durch die analoge Anwendung des § 2111 BGB wird sichergestellt, dass die restituierten Grundstücke dem Nacherben zufallen und nicht im Vermögen des Vorerben verbleiben.

Dies entspricht dem Sinn und Zweck des Vermögensgesetzes, den Zustand wiederherzustellen, der ohne die Enteignung bestanden hätte.

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Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

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