Rückforderung einer Vorfälligkeitsentschädigung
OLG Stuttgart Urteil vom 7.2.2024 – 9 U 124/23
Der Fall betrifft die Rückforderung einer Vorfälligkeitsentschädigung (VFE), die Darlehensnehmer nach der vorzeitigen Rückzahlung ihres Immobiliar-Verbraucherdarlehens an die Bank gezahlt hatten.
Wenn ein Darlehensnehmer ein festverzinsliches Darlehen vor Ablauf der Zinsbindungsfrist vorzeitig zurückzahlt, entgehen der Bank die Zinserträge. Für diesen Schaden kann die Bank eine VFE verlangen (§ 502 Abs. 1 BGB).
Der Anspruch der Bank auf VFE ist ausgeschlossen, wenn die Angaben über die Berechnung der Entschädigung im Darlehensvertrag ungenügend sind.
Bestimmungen, die zum Nachteil des Verbrauchers von den Vorschriften über die VFE abweichen, sind unwirksam (außer in wenigen Ausnahmen).
Die Kläger (Darlehensnehmer) schlossen 2016 einen Immobiliar-Verbraucherdarlehensvertrag ab (263.000 EUR, Zinsbindung bis 2036).
Im Zuge des Verkaufs der beliehenen Immobilie wollten die Kläger das Darlehen vorzeitig zurückzahlen (berechtigtes Interesse nach § 500 Abs. 2 Satz 2 BGB, da die Immobilie lastenfrei übertragen werden musste).
Die Kläger unterzeichneten 2020 eine „Vereinbarung über die vorzeitige Rückzahlung“ und zahlten die geforderte VFE in Höhe von 12.540,89 EUR an die Sparkasse (Beklagte).
Die Kläger fordern die Rückerstattung der VFE. Das Landgericht (LG) Heilbronn wies die Klage ab. Die Kläger legten Berufung ein.
Das OLG Stuttgart gab der Berufung der Kläger weitgehend statt und verurteilte die Sparkasse zur Rückzahlung der gesamten VFE.
Die nachträgliche Vereinbarung über die vorzeitige Rückzahlung (von 2020), in der die Kläger sich zur Zahlung der VFE verpflichteten, ist nach Ansicht des OLG ein unzulässiges Umgehungsgeschäft im Sinne des § 512 BGB und daher nichtig (§ 134 BGB).
Die Vereinbarung umging objektiv den gesetzlichen Ausschlussgrund des § 502 Abs. 2 BGB (unzureichende Angaben im ursprünglichen Vertrag), weil sie die Kläger zur Zahlung verpflichtete, obwohl der Anspruch der Bank auf VFE ausgeschlossen war.
Die Zahlung erfolgte ohne Rechtsgrund, weil der ursprüngliche Anspruch der Sparkasse auf VFE nach § 502 Abs. 2 Nr. 2 BGB ausgeschlossen war.
Der Anspruch der Sparkasse war ausgeschlossen, da die Angaben zur Berechnung der VFE im Darlehensvertrag unzureichend waren.
Die Angaben müssen so klar und verständlich sein, dass der Darlehensnehmer die Berechnung der VFE nachvollziehen und seine Belastung zuverlässig abschätzen kann. Dazu müssen die wesentlichen Parameter in groben Zügen benannt werden (z.B. Zinsniveau, Zahlungsströme, ersparte Kosten).
Obwohl die Sparkasse die Berechnungsparameter (Aktiv/Passiv-Methode, Anlage in sicheren Kapitalmarkttiteln, Berücksichtigung ersparter Kosten) nannte, waren die Angaben in der sprachlichen Fassung intransparent und unverständlich für den durchschnittlichen Verbraucher.
Es blieb unklar, wie sich die „Anlage der Darlehensmittel“ zu dem „zunächst“ ermittelten Betrag verhält.
Der für die Aktiv-Passiv-Methode notwendige Schritt der Differenzberechnung zwischen den vertraglichen und den durch Wiederanlage erzielbaren Erträgen fehlte vollständig in der Darstellung. Dies macht die Angaben nach Ansicht des OLG unverständlich.
Die Sparkasse hatte wegen unzureichender (intransparenter) Angaben zur VFE-Berechnung im Darlehensvertrag keinen Anspruch auf die VFE (§ 502 Abs. 2 Nr. 2 BGB). Die spätere Vereinbarung zur Zahlung der VFE war als Umgehungsgeschäft unzulässig und nichtig (§§ 512, 134 BGB). Da die VFE ohne Rechtsgrund gezahlt wurde, muss die Sparkasse den vollen Betrag an die Kläger zurückzahlen (§ 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB).
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