Schadensersatz für Dachlawinen in schneearmen Regionen
Gerne fasse ich das Urteil des Amtsgerichts Mannheim vom 29.07.2011 (Az. 10 C 120/11) zusammen.
Dieses Urteil betrifft die Frage, ob ein Hauseigentümer für Schäden haftet, die durch eine Dachlawine an einem davor geparkten Auto entstehen, insbesondere in einer Gegend, in der nur selten viel Schnee fällt.
Eine Mieterin in Mannheim forderte von ihrem Vermieter (dem Hauseigentümer) Schadensersatz in Höhe von rund 3.470 € plus Anwaltskosten.
Eine Dachlawine sei vom Dach des Hauses gestürzt und habe ihr ordnungsgemäß geparktes Auto beschädigt. Die Mieterin war der Meinung, der Eigentümer hätte das Dach mit Schneefanggittern sichern oder bei den herrschenden Wetterverhältnissen Sofortmaßnahmen (wie das Räumen des Daches) ergreifen müssen. Sie behauptete, das Dach sei sehr steil und es hätten sich bereits große Eiszapfen gebildet.
Er argumentierte, dass in Mannheim aufgrund der Schneearmut keine allgemeine Pflicht zur Anbringung von Schneefanggittern bestehe. Er bestritt auch eine Pflicht zur sofortigen Räumung des Daches. Außerdem brachte er vor, dass die Mieterin selbst das Auto trotz Kenntnis der Gefahr dort abgestellt habe.
Das Amtsgericht Mannheim wies die Klage der Mieterin vollständig ab. Der Eigentümer musste keinen Schadensersatz zahlen.
Das Gericht begründete seine Entscheidung hauptsächlich mit zwei Punkten: der fehlenden Verkehrssicherungspflicht des Eigentümers in dieser Region und dem Mitverschulden der Mieterin.
Ein Hauseigentümer muss Vorkehrungen treffen, um Dritte vor Gefahren, die vom Haus ausgehen, zu schützen (Verkehrssicherungspflicht gem. § 823 BGB). Aber es sind nur Maßnahmen erforderlich, die zumutbar sind.
Das Gericht stellte fest, dass in Mannheim eine generelle Pflicht zur Anbringung von Schneefanggittern nicht besteht. Das liegt daran, dass Mannheim (von Ausnahmen abgesehen) ein äußerst schneearmes Gebiet ist und solche Gitter dort weder ortsüblich noch baupolizeilich vorgeschrieben sind.
Auch die Behauptung der Mieterin, das Dach sei besonders steil (mehr als 45 Grad), führte zu keiner anderen Pflicht. Ein solch allgemeiner Umstand begründet noch keine erhöhte Gefahr, die den Eigentümer zur Installation von Schneefanggittern verpflichtet, wenn diese nicht ortsüblich sind.
Dem Eigentümer ist es grundsätzlich nicht zuzumuten, die Wetterverhältnisse ständig so zu beobachten, dass er bei jeder Änderung, die Lawinen auslösen könnte, Vorkehrungen trifft.
Die Mieterin hatte den nicht im Haus wohnenden Vermieter auch nicht über die gefahrdrohende Situation in Kenntnis gesetzt.
Selbst wenn der Eigentümer eine Pflicht verletzt hätte, wäre der Schadensersatzanspruch der Mieterin wegen Mitverschuldens ausgeschlossen worden.
Die Mieterin war selbst Mieterin im Haus und mit den aktuellen Schnee- und Eisverhältnissen bestens vertraut – besser als der Vermieter, der nicht dort wohnte.
Da sie ihr Fahrzeug trotz Kenntnis der angeblichen und ihrer Meinung nach offensichtlichen Gefahr direkt vor dem Haus abstellte, muss sie den Schaden selbst vertreten.
Das Gericht sah es als unbillig an, der Mieterin Schadensersatz zuzusprechen, wenn sie ihr Fahrzeug ohne rechtfertigenden Anlass einer Gefahr aussetzt, von der sie gleichzeitig meint, sie hätte den Vermieter zu sofortigem Handeln verpflichten müssen.
In schneearmen Regionen wie Mannheim besteht keine allgemeine Pflicht für Hauseigentümer, Schneefanggitter anzubringen. Besondere bauliche Verhältnisse allein ändern das nicht, wenn keine baurechtliche oder ortsübliche Vorschrift existiert.
Wird ein Auto durch eine Dachlawine beschädigt, kann der Eigentümer trotzdem nicht haftbar gemacht werden, wenn der Geschädigte die Gefahr kannte (zum Beispiel als Mieter des Hauses) und sein Auto trotzdem im Gefahrenbereich abstellte. Dieses Mitverschulden führt zum Ausschluss des Schadensersatzanspruchs.
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