Schadensersatzbegehren eines Mieters wegen Vereitelung des Vorkaufsrechts durch den Vermieter
RA und Notar Krau
Im deutschen Mietrecht gibt es ein besonderes Schutzrecht für Mieter: das Vorkaufsrecht. Dieses Recht soll verhindern, dass Mieter ihre Wohnung verlieren, wenn das Haus, in dem sie wohnen, in einzelne Eigentumswohnungen umgewandelt und verkauft wird. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat in dem Urteil vom 7. Dezember 2016 (VIII ZR 70/16) genau solche Fälle geprüft und wichtige Klarstellungen vorgenommen.
Stellen Sie sich vor, Sie mieten eine Dachgeschosswohnung. Kurz nachdem Sie eingezogen sind, erfahren Sie, dass das gesamte Haus, in dem sich Ihre Wohnung befindet, in einzelne Eigentumswohnungen aufgeteilt und verkauft wurde. Sie hatten das Gefühl, dass Ihnen als Mieter ein Vorkaufsrecht zugestanden hätte, also das Recht, Ihre Wohnung vor allen anderen kaufen zu können. Weil das nicht passiert ist, fordern Sie Schadensersatz von Ihrer ehemaligen Vermieterin.
Genau das ist den Mietern in diesem Fall passiert. Sie hatten eine Wohnung in einem Mehrfamilienhaus gemietet. Bereits vor dem Mietvertrag hatte die Vermieterin eine sogenannte Teilungserklärung notariell beurkunden lassen, mit der das Haus in Eigentumswohnungen aufgeteilt werden sollte. Der eigentliche Verkauf der Wohnungen an einen Dritten fand kurz nach Beginn des Mietverhältnisses statt, die Umwandlung in Wohnungseigentum (also die Eintragung im Grundbuch) erfolgte aber erst nach dem Verkauf und dem Einzug der Mieter.
Die Mieter waren der Meinung, die Vermieterin hätte sie über ihr Vorkaufsrecht informieren müssen, da sie es angeblich vereitelt hatte. Sie klagten auf Schadensersatz.
Das Amtsgericht (die erste Instanz) gab den Mietern teilweise Recht und sprach ihnen Schadensersatz zu. Das Landgericht (die Berufungsinstanz) bestätigte diese Entscheidung. Beide Gerichte waren der Ansicht, dass die Vermieterin ihre Pflicht verletzt hatte, die Mieter über das Vorkaufsrecht zu informieren. Sie begründeten dies damit, dass die Umwandlung in Wohnungseigentum (die Eintragung im Grundbuch) erst nach dem Einzug der Mieter wirksam geworden sei.
Der BGH hob die Urteile der unteren Gerichte auf und wies die Klage der Mieter vollständig ab. Das bedeutet, die Mieter bekamen keinen Schadensersatz.
Der BGH stellte klar, dass ein Vorkaufsrecht für Mieter nach § 577 Abs. 1 Satz 1 BGB nur unter bestimmten, eng gefassten Bedingungen besteht. Es gibt im Wesentlichen zwei Szenarien, die ein Vorkaufsrecht auslösen können:
Wohnungseigentum wurde nach der Überlassung an den Mieter begründet und dann verkauft.
Hier ist entscheidend, dass das Wohnungseigentum bereits besteht, wenn der Kaufvertrag mit dem Dritten geschlossen wird. Der BGH betonte, dass die bloße notarielle Teilungserklärung nicht ausreicht, um Wohnungseigentum zu begründen; dies geschieht erst mit der Eintragung im Grundbuch. Im vorliegenden Fall wurde das Wohnungseigentum (die Eintragung im Grundbuch) aber nach dem Verkauf an den Dritten begründet. Daher lag diese Voraussetzung nicht vor.
Wohnungseigentum soll nach der Überlassung an den Mieter begründet werden, und das zukünftige Wohnungseigentum wird verkauft.
In diesem Fall muss die Absicht, Wohnungseigentum zu begründen, nach außen hin erkennbar sein (zum Beispiel durch die notarielle Teilungserklärung), und zwar nach der Überlassung der Wohnung an den Mieter. Auch hier war die Reihenfolge im vorliegenden Fall nicht erfüllt. Die Teilungserklärung, die die Absicht zur Umwandlung in Wohnungseigentum dokumentiert, wurde bereits vor dem Mietvertrag und dem Einzug der Mieter beurkundet.
Der BGH stellte fest, dass in diesem speziellen Fall keine der beiden Voraussetzungen für ein Vorkaufsrecht erfüllt war. Die Vermieterin musste die Mieter daher nicht über ein Vorkaufsrecht informieren, und es bestand kein Anspruch auf Schadensersatz.
Dieses Urteil ist wichtig, weil es die Voraussetzungen für das Mieter-Vorkaufsrecht präzisiert. Es zeigt, dass die zeitliche Reihenfolge von Mietvertragsbeginn, notarieller Teilungserklärung, Verkauf an Dritte und der tatsächlichen Begründung von Wohnungseigentum (Eintragung im Grundbuch) entscheidend ist.
Für Mieter bedeutet dies, dass ein Vorkaufsrecht nicht automatisch immer dann besteht, wenn eine gemietete Wohnung verkauft wird, die Teil eines in Eigentumswohnungen umgewandelten Hauses ist. Es kommt genau auf den Zeitpunkt an, wann die Schritte der Umwandlung und des Verkaufs im Verhältnis zum Mietbeginn erfolgen.
Für Vermieter bietet das Urteil mehr Klarheit darüber, wann sie ein Vorkaufsrecht beachten müssen. Wenn die Teilungserklärung und der Verkauf der zukünftigen Wohnungseigentumseinheiten bereits vor dem Einzug des Mieters erfolgen, entsteht in der Regel kein Vorkaufsrecht des Mieters nach § 577 BGB.
Der Gesetzgeber wollte Mieter vor übereilten Verkäufen schützen. Der BGH hat mit diesem Urteil klargestellt, dass dieser Schutz an bestimmte zeitliche Abläufe geknüpft ist und nicht pauschal für alle Konstellationen gilt. Es ist ein Beispiel dafür, wie wichtig Details und Zeitpunkte im Mietrecht sein können.
Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.
Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.
Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.
Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.
Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.
Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.
Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.
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Durch die schlichte Anfrage kommt noch kein kostenpflichtiges Mandat zustande.