Schätzung der Erbschaftsteuer bei unbekannten Erben
Zusammenfassung: FG Saarland, Beschluss vom 10.09.2013 – 1 V 1229/13 (Erbschaftsteuer bei unbekannten Erben)
Der Beschluss des Finanzgerichts (FG) Saarland vom 10. September 2013 (Az. 1 V 1229/13) befasst sich mit der Frage, unter welchen Voraussetzungen das Finanzamt (FA) die Erbschaftsteuer festsetzen darf, wenn die Erben noch unbekannt sind und ein Nachlasspfleger bestellt wurde. Es ging konkret um den Antrag des Nachlasspflegers auf Aussetzung der Vollziehung eines Erbschaftsteuerbescheides.
Ein Nachlasspfleger wird vom Nachlassgericht bestellt, wenn die Erben unbekannt sind, um den Nachlass zu sichern und die Erben zu ermitteln. Das Gericht stellte klar:
Der Nachlasspfleger ist der gesetzliche Vertreter der unbekannten Erben.
Zu seinen Pflichten gehört die Abgabe der Erbschaftsteuererklärung (§ 31 Abs. 6 ErbStG).
Die Erbschaftsteuer entsteht für die unbekannten Erben mit dem Tod des Erblassers.
Der Erbschaftsteuerbescheid ist dem Nachlasspfleger bekannt zu geben; er ist der Bekanntgabeadressat, während die unbekannten Erben die Inhaltsadressaten sind.
Der Nachlasspfleger hatte argumentiert, es dürfe kein Erbschaftsteuerbescheid erlassen werden, solange die Erben nicht bekannt seien, und die erfolgte Schätzung der Besteuerungsgrundlagen sei willkürlich („ins Blaue hinein“).
Das FG Saarland wies diesen Einwand zurück und bestätigte die Vorgehensweise des Finanzamtes:
Die Erbschaftsteuer kann während der Nachlasspflegschaft gegenüber den unbekannten Erben festgesetzt werden.
Kann das Finanzamt die Erben und deren Erbanteile nicht exakt ermitteln, ist es berechtigt, die Besteuerungsgrundlagen zu schätzen (§ 162 Abs. 1 S. 1 AO). Dies gilt insbesondere, wenn die Ermittlungen des FA und die Mitwirkung des Nachlasspflegers innerhalb eines angemessenen Zeitraums zu keinem exakten Ergebnis führen.
Im vorliegenden Fall hatte das FA dem Nachlasspfleger über fünf Jahre Zeit zur Erbenermittlung eingeräumt. Die Schätzung beruhte auf den bekannten Vermögenswerten (Mitteilungen der Banken) und war daher nicht willkürlich, sondern erfolgte nach Wahrscheinlichkeitsgrundsätzen.
Um den Unsicherheiten durch die noch unbekannten Erben Rechnung zu tragen, hatte das FA den Bescheid zudem als vorläufig nach § 165 Abs. 1 S. 1 AO erlassen. Dies ermöglicht eine spätere Anpassung des Bescheides an neuere Erkenntnisse.
Der Antrag des Nachlasspflegers auf Aussetzung der Vollziehung (AdV) des Steuerbescheides wurde als unbegründet abgewiesen.
Eine AdV wird nur gewährt, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bescheides bestehen oder wenn die sofortige Vollziehung eine unbillige Härte darstellen würde.
Das FG sah keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bescheides, da das FA zu Recht gegenüber dem Nachlasspfleger festgesetzt und mangels genauer Kenntnis der Erben geschätzt hatte. Auch gab es keine Anhaltspunkte für eine unbillige Härte.
Die frühere AdV für einen ursprünglichen Bescheid war durch den Erlass des geänderten Bescheides erloschen.
Eine Steuerfreiheit, weil der Nachlass dem Fiskus zufallen könnte, wurde ausgeschlossen, da bekannt war, dass der Erblasser Erben hatte und Vermögen vorhanden war.
Der Beschluss bekräftigt, dass das Finanzamt auch bei unbekannten Erben die Erbschaftsteuer festsetzen darf, wobei der Nachlasspfleger der Ansprechpartner ist. Kann die genaue Höhe der Erbschaftsteuer mangels bekannter Erben nicht exakt ermittelt werden, ist eine Schätzung erlaubt, solange sie nicht willkürlich ist und dem Nachlasspfleger genügend Zeit zur Erbenermittlung gewährt wurde. Die Vorläufigkeit des Bescheides dient dem Ausgleich der Unsicherheiten.
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