Schenkung von Wohnungseigentum an einen Minderjährigen als lediglich rechtlicher Vorteil?
BGH, 09.07.1980 - V ZB 16/79 Hier ist eine Zusammenfassung des Sachverhalts zur Grundstücksschenkung an einen beschränkt Geschäftsfähigen Minderjährigen und das Verbot des Selbstkontrahierens, basierend auf der Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH):
Im deutschen Recht sind Kinder über sieben Jahren (aber unter 18 Jahren) beschränkt geschäftsfähig (§§ 106, 107 BGB). Das bedeutet, sie können Rechtsgeschäfte ohne die Zustimmung (Einwilligung oder Genehmigung) ihrer gesetzlichen Vertreter (Eltern) abschließen, wenn das Geschäft für sie lediglich einen rechtlichen Vorteil bringt.
Eine Schenkung – wie die Übertragung von Wohnungseigentum durch den Vater an seinen minderjährigen Sohn – scheint auf den ersten Blick lediglich vorteilhaft, da der Minderjährige Eigentum gewinnt, ohne eine Gegenleistung erbringen zu müssen.
Beim Erwerb von Wohnungseigentum ist die Sache jedoch komplizierter als bei einem unbelasteten, einfachen Grundstück. Der Erwerber wird automatisch Teil der Wohnungseigentümergemeinschaft und muss die damit verbundenen gesetzlichen und in der Gemeinschaftsordnung festgelegten Verpflichtungen übernehmen.
Diese Verpflichtungen sind rechtliche Nachteile und können zum Beispiel sein:
Weil solche Verpflichtungen beim Erwerb von Wohnungseigentum entstehen, bringt das gesamte Rechtsgeschäft dem Minderjährigen nicht lediglich einen rechtlichen Vorteil.
Das Rechtsgeschäft der Schenkung besteht aus zwei Teilen:
In früheren Entscheidungen wurde die Frage des rechtlichen Vorteils oft getrennt betrachtet. Der BGH stellte jedoch klar: Beim Erwerb eines belastenden Rechts wie Wohnungseigentum muss eine Gesamtbetrachtung beider Verträge erfolgen. Bringt das dingliche Geschäft (die Auflassung) rechtliche Nachteile mit sich, ist das gesamte Geschäft für den Minderjährigen zustimmungsbedürftig (die Eltern müssen zustimmen).
Da die Schenkung dem Minderjährigen rechtliche Nachteile bringt, bedarf sie der Zustimmung des gesetzlichen Vertreters (des Vaters).
Hier greift jedoch das Verbot des Selbstkontrahierens (§ 181 BGB): Ein gesetzlicher Vertreter darf ein Rechtsgeschäft grundsätzlich nicht im Namen des Vertretenen (des Kindes) mit sich selbst abschließen oder sich selbst in irgendeiner Form begünstigen. Er darf weder auf beiden Seiten als Vertreter auftreten noch ein Rechtsgeschäft mit sich selbst abschließen.
Diese Konstellation wird vom Verbot des Selbstkontrahierens erfasst.
Eine Ausnahme von diesem Verbot (§ 181 letzter Halbsatz BGB) besteht nur, wenn der Vertreter das Geschäft lediglich zur Erfüllung einer bereits wirksamen Verbindlichkeit vornimmt (z.B. ein wirksamer Kaufvertrag soll erfüllt werden).
Der BGH lehnt diese Ausnahme hier ab, mit der Begründung:
Folge: Weil das Geschäft nicht lediglich rechtlich vorteilhaft war und der Vater wegen § 181 BGB nicht selbst zustimmen oder den Sohn vertreten durfte, war für das Geschäft die Bestellung eines Ergänzungspflegers erforderlich. Ohne diesen Ergänzungspfleger ist die Eigentumsübertragung unwirksam und kann nicht im Grundbuch eingetragen werden.
Die Schenkung von Wohnungseigentum vom gesetzlichen Vertreter an das minderjährige Kind ist wegen der damit verbundenen Verpflichtungen nicht lediglich rechtlich vorteilhaft. Wegen des Verbots des Selbstkontrahierens muss ein Ergänzungspfleger bestellt werden, der das Kind bei dem Geschäft vertritt, um die Interessen des Minderjährigen wirksam zu schützen.
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