Schenkung zum Nachteil des Vertragserben

August 20, 2017

Schenkung zum Nachteil des Vertragserben:

Lebzeitiges Eigeninteresse des Erblassers bei tatsächlicher Übernahme von Betreuungsleistungen durch den Beschenkten

BGH IV ZR 72/11

RA und Notar Krau

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat in seinem Beschluss vom 26. Oktober 2011 entschieden,

dass ein lebzeitiges Eigeninteresse des Erblassers an einer Schenkung auch dann vorliegen kann,

wenn der Beschenkte ohne rechtliche Bindung Leistungen zur Betreuung des Erblassers übernimmt.

Sachverhalt:

Die Klägerin und der Beklagte sind Geschwister.

Ihre Mutter hatte dem Beklagten ein Hausgrundstück unentgeltlich übertragen.

Schenkung zum Nachteil des Vertragserben

Die Klägerin verlangt die Übertragung des hälftigen Miteigentumsanteils an dem Grundstück,

da es sich um eine beeinträchtigende Schenkung gemäß § 2287 BGB handele.

Der Beklagte trug vor, dass er für die Erblasserin zahlreiche Leistungen erbracht habe.

Entscheidung des BGH:

Der BGH hob das Urteil des Oberlandesgerichts München auf und verwies die Sache an das Berufungsgericht zurück.

Begründung:

  • Lebzeitiges Eigeninteresse: Ein lebzeitiges Eigeninteresse des Erblassers an einer Schenkung kann auch dann vorliegen, wenn der Beschenkte ohne rechtliche Bindung Leistungen zur Betreuung des Erblassers übernimmt.

Schenkung zum Nachteil des Vertragserben

  • Betreuung im weiteren Sinne: Unter Betreuung im weiteren Sinne fallen Leistungen wie Winterdienst, Gartenpflege, Einkäufe, Reinigung etc.
  • Beweisaufnahme erforderlich: Das Berufungsgericht hat ohne Beweisaufnahme angenommen, dass die Voraussetzungen für ein lebzeitiges Eigeninteresse nicht vorliegen. Dies verletzt den Anspruch des Beklagten auf rechtliches Gehör. Es muss nun Beweis über den Umfang der Leistungen des Beklagten erhoben werden.
  • Teilschenkung: Ein lebzeitiges Eigeninteresse kann auch nur einen Teil der Schenkung rechtfertigen. In diesem Fall kann der Vertragserbe nur den Teil der Schenkung herausverlangen, der nicht durch das Eigeninteresse gerechtfertigt ist.
  • Kein Anspruch auf Anrechnung von Vorempfängen: Der Anspruch aus § 2287 BGB ist ein rein persönlicher Anspruch und darf nicht in die Auseinandersetzung des Nachlasses hineingezogen werden. Der Beschenkte kann die Herausgabe des Geschenks nicht mit der Begründung verweigern, dass der Vertragserbe selbst Vorempfänge erhalten habe.

Kernaussagen:

  • Leistungen zur Betreuung des Erblassers können ein lebzeitiges Eigeninteresse an einer Schenkung begründen.
  • Der Anspruch aus § 2287 BGB ist ein rein persönlicher Anspruch und darf nicht in die Auseinandersetzung des Nachlasses hineingezogen werden.
RA und Notar Krau

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