Schenkungsteuerakte – Übertragungsvertrag – Grunderwerbsteuer – BFH II R 22/16

Juni 8, 2020

Schenkungsteuerakte – Übertragungsvertrag – Grunderwerbsteuer – BFH Urteil vom 26.07.2017 – II R 22/16

Zusammenfassung RA und Notar Krau


Sachverhalt und Hintergrund:


Die Klägerin erhielt zusammen mit ihrem Bruder und ihrer Schwester durch einen notariell beurkundeten Schenkungsvertrag vom 5. November 2002 von ihrer Mutter (M)

Eigentumsanteile an einem Grundstück (Grundbesitz B) und zwei Eigentumswohnungen (übriger Grundbesitz), wobei ein lebenslanges Nießbrauchsrecht eingeräumt wurde.

Nach dem Tod der Mutter im Dezember 2009 gab der Bruder der Klägerin im Oktober 2011 eine Erbschaftsteuererklärung ab, in der der gesamte 2002 geschenkte Grundbesitz als Vorerwerb angegeben wurde.

Verfahrensgang:


Mit Schenkungsteuerbescheid vom 1. November 2012 setzte das Finanzamt (FA) Schenkungsteuer für die Zuwendungen vom 5. November 2002 fest.

Ein Änderungsbescheid vom 12. Mai 2014 berücksichtigte den Grundbesitz B nicht mehr für die Schenkungsteuer und reduzierte die Steuer entsprechend.

Der Einspruch der Klägerin gegen die Besteuerung des übrigen Grundbesitzes blieb erfolglos.

Das Finanzgericht (FG) wies die Klage ab und entschied, dass die Festsetzungsfrist erst mit Ablauf des Kalenderjahres 2009 begonnen habe, da das FA erst dann von der Schenkung Kenntnis erlangt hatte.

Schenkungsteuerakte – Übertragungsvertrag – Grunderwerbsteuer – BFH II R 22/16

Entscheidungsgründe:

Verjährung nach § 170 Abs. 5 Nr. 2 AO:

Allgemeine Regelung: Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis erlöschen durch Verjährung.

Die Festsetzungsfrist für die Schenkungsteuer beträgt vier Jahre und beginnt grundsätzlich mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Steuer entstanden ist.


Sonderregelung:

Bei Schenkungen beginnt die Festsetzungsfrist nicht vor Ablauf des Kalenderjahres, in dem der Schenker gestorben ist oder die Finanzbehörde von der vollzogenen Schenkung Kenntnis erlangt hat.

Maßgeblich ist die zuerst eintretende Alternative.


Kenntniserlangung des Finanzamts:

Positive Kenntnis:

Das FA muss positive Kenntnis von der vollzogenen Schenkung haben, um die Festsetzungsfrist in Gang zu setzen.

Diese Kenntnis umfasst den Namen und die Anschrift des Schenkers und des Bedachten sowie den Rechtsgrund des Erwerbs.


Einzelfallbetrachtung:

Erhält das FA nur Kenntnis von einem Teil der Schenkung, beginnt die Festsetzungsfrist nur für diesen Teil zu laufen.

Schenkungsteuerakte – Übertragungsvertrag – Grunderwerbsteuer – BFH II R 22/16

Für die übrigen Teile beginnt sie erst, wenn das FA positive Kenntnis auch hiervon erlangt hat.
Entscheidung des FG:

Das FG entschied korrekt, dass die Festsetzungsfrist für den übrigen Grundbesitz erst mit Ablauf des Jahres 2009 begann, da M in diesem Jahr verstarb.

Eine frühere Kenntniserlangung des FA lag nicht vor, da die Veräußerungsanzeige von 2002 nur den Grundbesitz B betraf und keine Angaben zum übrigen Grundbesitz enthielt.


Revision und Kostenentscheidung:


Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des FG Berlin-Brandenburg vom 5. November 2015 wurde als unbegründet zurückgewiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens hat die Klägerin zu tragen.

Schlussfolgerungen


Das Urteil des Bundesfinanzhofs verdeutlicht die Bedeutung der Kenntniserlangung der Finanzbehörde für den Beginn der Festsetzungsfrist bei Schenkungsteuer.

Die Finanzbehörde muss konkrete Kenntnis von allen relevanten Schenkungsvorgängen haben, um die Festsetzungsfrist in Gang zu setzen.

Andernfalls kann die Festsetzungsfrist durch Anlaufhemmung erst mit dem Tod des Schenkers beginnen.

Schenkungsteuerakte – Übertragungsvertrag – Grunderwerbsteuer – BFH II R 22/16

Dies dient dem Schutz des Steueranspruchs der Finanzbehörde und berücksichtigt die späte Kenntniserlangung von Schenkungen durch die Finanzbehörde, oft erst nach dem Tod des Schenkers.

Insgesamt bestätigt das Urteil die klare Regelung des § 170 Abs. 5 Nr. 2 AO und deren Anwendung im konkreten Fall,

wo die Finanzbehörde erst durch die Erbschaftsteuererklärung des Bruders der Klägerin im Jahr 2011 von der Schenkung des übrigen Grundbesitzes Kenntnis erlangte.

Der Verjährungseinwand der Klägerin war daher nicht erfolgreich.

Schlagworte

Warnhinweis:

Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

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