Schmerzensgeldanspruch gegen Impfstoffhersteller nach COVID-19-Impfung mit dem Wirkstoff Comirnaty
Zusammenfassung: LG Rottweil, Urteil vom 06.12.2023 (Az. 2 O 325/22)
Das Landgericht (LG) Rottweil hat die Klage eines Mannes auf Schmerzensgeld und Schadensersatz gegen den Hersteller des COVID-19-Impfstoffs Comirnaty (BioNTech) abgewiesen. Der Kläger machte geltend, er habe infolge der Impfung einen Augeninfarkt (Verschluss einer Augenarterie) erlitten. Das Gericht sah die gesetzlichen Voraussetzungen für einen Haftungsanspruch gegen den Impfstoffhersteller als nicht erfüllt an.
Ein 58-jähriger Mann, der zweimal mit Comirnaty geimpft wurde (Mai und Juni 2021). Er erlitt im August 2021 einen Augeninfarkt, was zu einer massiven Sehverschlechterung auf dem rechten Auge führte.
Der Kläger verlangte ein Schmerzensgeld von mindestens 150.000 € sowie die Feststellung der Ersatzpflicht für alle zukünftigen Schäden.
Der Impfstoff habe ein negatives Nutzen-Risiko-Verhältnis (§ 84 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 AMG) und sei aufgrund unzureichender Informationen gekennzeichnet gewesen (§ 84 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 AMG). Er führte dabei unter anderem an: fehlende Langzeitstudien, angebliche Toxizität des Spike-Proteins und die hohe Anzahl von Verdachtsmeldungen über Nebenwirkungen.
Sah keinen Zusammenhang zwischen Impfung und Augeninfarkt. Verwies auf das positive Nutzen-Risiko-Verhältnis, das von allen Zulassungsbehörden (EMA, Europäische Kommission) bestätigt wurde und kontinuierlich überwacht wird.
Das Landgericht Rottweil wies die Klage vollständig ab.
Ein Hersteller haftet nur dann, wenn das Arzneimittel schädliche Wirkungen hat, die über ein nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft vertretbares Maß hinausgehen. Das Gericht sah diese Voraussetzung als nicht gegeben an:
Entscheidend ist der Stand der gesicherten wissenschaftlichen Erkenntnisse zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung. Das Gericht stellte fest, dass die Zulassungsbehörden (EMA/EU-Kommission) das positive Nutzen-Risiko-Verhältnis von Comirnaty (auch der angepassten Versionen) fortlaufend bestätigt haben.
Die Argumentation des Klägers basiere auf Mutmaßungen, Spekulationen und nicht auf wissenschaftlich fundierten Studien, die den behördlichen Prüfungen entgegenstünden.
Die behauptete toxische Wirkung des Spike-Proteins sei wissenschaftlich nicht erwiesen.
Das Abstellen auf (hohe) absolute Zahlen von gemeldeten Verdachtsfällen (wie in der VAERS-Datenbank) sei unzureichend, da diese Fälle nicht ärztlich oder wissenschaftlich auf einen tatsächlichen Kausalzusammenhang überprüft wurden und ins Verhältnis zur milliardenfachen Anwendung des Impfstoffes gesetzt werden müssten.
Der Umstand, dass keine Langzeitstudien existieren, führt nicht automatisch zu einem negativen Nutzen-Risiko-Verhältnis. Der Kläger muss beweisen, dass die schädlichen Wirkungen nicht vertretbar sind – eine bloße „Lücke“ im Wissen reicht dafür nicht.
Eine Information (Gebrauchsinformation/Aufklärungsbogen) muss nur dann einen Warnhinweis enthalten, wenn ein ernst zu nehmender Verdacht eines Kausalzusammenhangs mit einem Gesundheitsschaden besteht.
Der Kläger konnte keine wissenschaftlichen Erkenntnisse vorlegen, die zum Zeitpunkt der Impfung einen ernst zu nehmenden Verdacht für einen Augeninfarkt als mögliche Nebenwirkung begründet hätten.
Da die allgemeinen Haftungsvoraussetzungen (§ 84 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 und Nr. 2 AMG) nicht erfüllt waren, ließ das Gericht die Frage offen, ob der Augeninfarkt des Klägers tatsächlich durch die Impfung verursacht wurde. Im Falle einer theoretischen Haftung hätte der Kläger aufgrund seiner vorhandenen Risikofaktoren (erhöhte Cholesterinwerte, Augenmigräne, Schlafapnoe etc.) den vollen Beweis der Kausalität führen müssen.
Ansprüche aus dem allgemeinen Deliktsrecht (§ 823 BGB – fahrlässige Körperverletzung und § 826 BGB – vorsätzliche sittenwidrige Schädigung) scheitern ebenfalls an einer rechtswidrigen Handlung oder einem Verschulden des Herstellers, da dieser einen behördlich zugelassenen Impfstoff in Verkehr gebracht hat.
Die Klage des Mannes gegen den Impfstoffhersteller wurde abgewiesen. Er muss die Kosten des Rechtsstreits tragen.
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