Schmutzige Tricks beim Arbeitszeugnis
Es ist wichtig, die Sprache im Arbeitszeugnis zu verstehen, da Arbeitgeber oft sogenannte „Geheimcodes“ oder verschleierte Formulierungen verwenden, um Kritik zu äußern, ohne direkt negativ zu klingen.
In Deutschland muss ein Arbeitszeugnis klar, verständlich und vor allem wohlwollend formuliert sein. Direkte, negative Kritik ist daher unzulässig. Aus dieser Pflicht zum Wohlwollen ist über die Jahre eine Art „Geheimsprache“ entstanden, um die tatsächliche Bewertung zu verschleiern.
Hier sind die „schmutzigen Tricks“, die Arbeitgeber anwenden, und wie Sie diese als Laie entschlüsseln können:
Dies ist die häufigste und harmloseste Form der Verschlüsselung, da sie sich lediglich auf die Leistungsbeurteilung bezieht und eine Art Notensystem abbildet.
Der Trick liegt in der Verwendung von Verstärkern oder deren Fehlen. Achten Sie genau auf Wörter wie „stets“, „jederzeit“, „vollste“ oder „im Großen und Ganzen“.
Schulnote – Formulierung (Leistung) – Klartext (Interpretation)
Sehr Gut (1) „stets zu unserer vollsten Zufriedenheit“ Top-Leistung. Alles bestens.
Gut (2) „stets zu unserer vollen Zufriedenheit“ Sehr gute Leistung. Lediglich ein kleines Wort fehlt zur Bestnote.
Befriedigend (3) „zu unserer vollen Zufriedenheit“ Solide Leistung. Das Fehlen von „stets“ oder „jederzeit“ wertet ab.
Ausreichend (4) „zu unserer Zufriedenheit“ Mäßige Leistung. Die Verstärker fehlen komplett.
Mangelhaft (5) „im Großen und Ganzen zu unserer Zufriedenheit“ Schlechte Leistung. Gerade noch akzeptabel.
Ungenügend (6) „hat sich bemüht, den Anforderungen gerecht zu werden“ Totalausfall. Bemühung ohne Erfolg ist eine sehr schlechte Note.
„Er/Sie hat die Aufgaben im Rahmen seiner/ihrer Möglichkeiten erledigt.“
Heißt: Er/Sie war leider völlig unfähig oder überfordert.
Der Geheimcode: Verbotene Kritik (Echte „Dirty Tricks“)
Diese Formulierungen sind tatsächlich juristisch umstritten und teilweise verboten ($ 109 GewO), weil sie eine Aussage treffen, die aus dem Wortlaut nicht ersichtlich ist und sich oft auf das Privatleben oder unzulässige Verhaltensweisen bezieht. Dennoch werden sie in der Praxis immer wieder verwendet.
Der Trick ist hier, ein scheinbar positives oder neutrales Verhalten zu beschreiben, das in der Zeugnissprache aber einen feststehenden, negativen Code hat.
„Er/Sie trug durch seine/ihre Geselligkeit zur Verbesserung des Betriebsklimas bei.“ Er/Sie hat ein Alkoholproblem (im Dienst oder bei Firmenfeiern).
„Er/Sie bewies stets Einfühlungsvermögen für die Belange der Belegschaft.“ Er/Sie suchte sexuelle Kontakte im Kollegenkreis (oder andere unangemessene private Kontakte).
„Er/Sie vertrat seine/ihre Standpunkte in selbstbewusster Art und Weise.“ Er/Sie war arrogant und anmaßend.
„Sie zeigte durchweg eine erfrischende Offenheit gegenüber Vorgesetzten.“ Sie war vorlaut, frech und hat sich nichts sagen lassen.
„Er/Sie nutzte jede sich bietende Gelegenheit, sich fortzubilden.“ Er/Sie hat die Zeit für Weiterbildung genutzt, um der eigentlichen Arbeit zu entgehen.
„Er/Sie erledigte seine/ihre Aufgaben mit der ihm/ihr eigenen Sorgfalt.“ Er/Sie war chaotisch oder unordentlich.
„Wir wünschen ihm/ihr für die Zukunft alles Gute und vor allem Gesundheit.“ Er/Sie war überdurchschnittlich oft krank (unzulässige Information).
Ein ebenso wirksamer „Trick“ ist, wichtige Aspekte einfach wegzulassen. Ein gutes Zeugnis sollte typischerweise folgende Punkte enthalten:
Art und Dauer der Tätigkeit
Leistungsbeurteilung (Quantität und Qualität)
Verhaltensbeurteilung (gegenüber Vorgesetzten, Kollegen, Kunden)
Grund des Ausscheidens (sollte bedauert werden)
Schlussformel (Dank, Bedauern, Zukunftswünsche)
Fehlt beispielsweise der wichtige Satz, dass der Arbeitgeber das Ausscheiden bedauert und sich für die gute Zusammenarbeit bedankt, ist dies ein starkes, negatives Signal, selbst wenn die Noten im Text gut sind. Ein potenzieller neuer Arbeitgeber weiß: Da stimmt etwas nicht.
Das Arbeitszeugnis ist eine der wichtigsten Unterlagen für Ihre Bewerbung. Es muss Ihnen in Ihrer beruflichen Entwicklung dienen.
Übersetzen Sie die Leistungsformulierungen (z. B. „stets zu unserer vollen Zufriedenheit“) in Schulnoten. Alles unter einer Note 2 (Gut) ist problematisch.
Suchen Sie nach Formulierungen, die ein Verhalten beschreiben, das nichts mit der eigentlichen Leistung zu tun hat (z. B. Geselligkeit, Einfühlungsvermögen).
Ist die Schlussformel („Wir bedauern das Ausscheiden sehr, bedanken uns für die stets gute Zusammenarbeit und wünschen weiterhin viel Erfolg“) vorhanden? Fehlt sie, ist es ein Manko.
Wenn Sie in Ihrem Zeugnis „schmutzige Tricks“ entdecken, haben Sie einen Anspruch auf Korrektur. In Deutschland müssen Sie die Korrektur von Formulierungen, die schlechter als Note 3 sind, nicht begründen, bei besseren Noten liegt die Beweislast (für die bessere Note) bei Ihnen.