Schriftform für Aufhebungsverträge und Befristungsabreden durch gerichtlichen Vergleich nach § 278 VI ZPO gewahrt – BAG 6 AZR 394/06

August 15, 2021

Schriftform für Aufhebungsverträge und Befristungsabreden durch gerichtlichen Vergleich nach § 278 VI ZPO gewahrt – BAG 6 AZR 394/06

Zusammenfassung RA und Notar Krau

Das Urteil des Bundesarbeitsgerichts (BAG) vom 23. November 2006 befasst sich mit der Wirksamkeit eines gerichtlichen Vergleichs und der Einhaltung der für Aufhebungsverträge und Befristungsabreden erforderlichen Schriftform.

Im Kern wird entschieden, dass ein gerichtlicher Vergleich gemäß § 278 Abs. 6 ZPO in der Fassung bis zum 31. August 2004 (nunmehr § 278 Abs. 6 Satz 1 2. Alt. ZPO) die Schriftformanforderungen gemäß § 623 BGB und § 14 Abs. 4 TzBfG erfüllt.

Sachverhalt

Der Kläger, geboren am 10. Dezember 1947, war ab dem 1. Juli 2000 als EDV-Anwendungsberater und Projektleiter bei der Beklagten angestellt.

Die Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis am 22. September 2003 ordentlich zum 31. Dezember 2003. Der Kläger erhob daraufhin Kündigungsschutzklage.

Die Parteien einigten sich außergerichtlich auf einen Vergleich, der durch einen Beschluss des Arbeitsgerichts Stuttgart am 1. Dezember 2003 formell bestätigt wurde.

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Der Vergleich sah vor, dass das Arbeitsverhältnis zum 31. Dezember 2004 endet und der Kläger eine Abfindung von 11.000 Euro erhält.

Streitpunkte und Anträge des Klägers

Der Kläger focht seine Zustimmung zu diesem Vergleich im November 2004 an und beantragte später festzustellen, dass der Vergleich den Rechtsstreit nicht beendet habe und dass das Arbeitsverhältnis über den 31. Dezember 2004 hinaus fortbestehe.

Der Kläger argumentierte, dass der Vergleich die erforderliche Schriftform nicht einhalte und durch widerrechtliche Drohungen erzwungen worden sei.

Entscheidung des BAG

Das BAG wies die Revision des Klägers zurück und bestätigte die Urteile der Vorinstanzen. Wesentliche Entscheidungsgründe waren:

  1. Einhaltung der Schriftform durch gerichtlichen Vergleich:
    • Das BAG stellte fest, dass ein nach § 278 Abs. 6 ZPO abgeschlossener Vergleich die Schriftformanforderungen nach § 623 BGB und § 14 Abs. 4 TzBfG wahrt. Eine analoge Anwendung des § 127a BGB, der die notarielle Beurkundung durch gerichtliche Protokollierung ersetzt, wurde für angemessen erachtet.

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Keine widerrechtliche Drohung:

    • Es wurde festgestellt, dass keine widerrechtliche Drohung vorlag, die den Kläger zur Zustimmung zum Vergleich zwang. Der Kläger war anwaltlich vertreten und beteiligte sich aktiv an den Vergleichsverhandlungen.
  1. Sachgrund für Befristung:
    • Der Vergleich stellte einen ausreichenden Sachgrund für die Befristung des Arbeitsverhältnisses bis zum 31. Dezember 2004 dar, was gemäß § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 8 TzBfG zulässig ist.
  2. Kausalität und Selbstbestimmung:
    • Der Kläger konnte nicht erfolgreich geltend machen, dass er den Vergleich nur wegen der drohenden Kündigung unterschrieben habe. Die Selbstbestimmung des Klägers sei nicht verletzt worden, da er den Vergleich nach eingehender Beratung und eigenem Überlegen geschlossen habe.

Fazit

Das Urteil betont die Rechtswirksamkeit gerichtlicher Vergleiche, selbst wenn die Schriftform im herkömmlichen Sinne nicht gewahrt ist. Es stellt klar, dass ein gerichtlicher Vergleich gemäß § 278 Abs. 6 ZPO die gleichen Rechtswirkungen hat wie eine notarielle Beurkundung. Zudem stärkt es die Bedeutung der Prozessautonomie und die Integrität gerichtlicher Vergleichsverfahren

Schlagworte

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Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

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