SCHUFA – DSGVO – Keine negativen Auswirkungen auf Bonität durch Mitteilung Mobilfunkvertrag
Gerne fasse ich das Urteil des LG München II vom 21.11.2024 (Az. 6 O 31/24) zusammen.
Dieses Urteil befasst sich mit der Frage, ob einem Kunden ein Schadensersatz zusteht, weil ein Telekommunikationsunternehmen den Abschluss eines Mobilfunkvertrages (sogenannte Positivdaten) an Wirtschaftsauskunfteien (wie SCHUFA und CRIF) übermittelt hat, und welche Voraussetzungen für einen solchen Anspruch nach der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) erfüllt sein müssen.
Der Kläger schloss 2022 einen Mobilfunkvertrag bei der Beklagten (einem Telekommunikationsunternehmen) ab.
Die Beklagte informierte den Kläger bei Vertragsabschluss über die mögliche Weitergabe von Positivdaten (Informationen über den Vertragsabschluss, nicht über Zahlungsstörungen) an Auskunfteien.
Die Beklagte meldete den Vertragsabschluss an die S. und C. GmbH.
Der Kläger behauptete, dies sei ein Verstoß gegen die DSGVO und habe ihm einen immateriellen Schaden (Schmerzensgeld) zugefügt. Er forderte u. a. 5.000 € Schmerzensgeld, Unterlassung der weiteren Datenweitergabe und Ersatz der Anwaltskosten.
Der Kläger führte aus, dass:
er durch die Datenmitteilung einen Kontrollverlust über seine Daten erlitten habe, was bereits ein Schaden sei (Art. 82 DSGVO).
er eine ständige Angst vor Datenverlust und eine erhebliche Sorge und Unsicherheit bezüglich einer möglichen negativen Entwicklung seines Bonitätsscores (SCHUFA/CRIF-Score) verspüre.
er befürchte, dies könne die Aufnahme von Krediten oder den Abschluss von Mietverträgen negativ beeinflussen.
er sich verfolgt fühle und unter Konzentrationsproblemen leide.
Die Entscheidung des Gerichts (LG München II)
Das Landgericht München II wies die Klage in allen Punkten ab.
Kein Schaden allein durch den DSGVO-Verstoß:
Das Gericht betont, dass ein Anspruch auf immateriellen Schadensersatz nach Art. 82 Abs. 1 DSGVO drei Dinge kumulativ voraussetzt:
1. einen Verstoß gegen die DSGVO,
2. einen Schaden
und 3. einen Kausalzusammenhang zwischen Verstoß und Schaden.
Ein bloßer Verstoß gegen die DSGVO reicht nicht für einen Schadensersatzanspruch aus (entsprechend der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs).
Auch ein abstrakter „Kontrollverlust“ kann nur als immaterieller Schaden anerkannt werden, wenn der Kläger eine über den bloßen Kontrollverlust hinausgehende Beeinträchtigung schlüssig darlegt und beweist.
Das Gericht sah die pauschalen Behauptungen des Klägers als nicht nachvollziehbar an.
Angesichts der sehr weiten Verbreitung von Mobiltelefonen sei nicht ersichtlich, wie die Meldung des Abschlusses eines Mobilfunkvertrages (einer normalen Ausgabe im Alltag) Sorgen vor negativen Auswirkungen auf die Kredit- oder Mietvertragschancen hervorrufen könnte. Es sei davon auszugehen, dass ein Kreditgeber ohnehin mit Mobilfunkkosten rechne. Auch eine negative Beeinträchtigung des Bonitätsscores sei durch diese Meldung nicht ohne Weiteres ersichtlich.
Der Kläger wurde bei Vertragsabschluss über die Weitergabe informiert, weshalb die Angst, es könnten Daten „ohne sein Wissen“ übermittelt werden, nicht nachvollziehbar sei. Die geschilderten massiven Ängste und Belastungen seien nicht schlüssig auf diese einzelne Meldung eines Mobilfunkvertrages zurückzuführen. Der Kläger erschien auch nicht zur persönlichen Anhörung, was Zweifel an der tatsächlichen Schwere der Beeinträchtigung weckte.
Der geforderte Unterlassungsanspruch, der ein generelles Verbot der Übermittlung von Positivdaten an Auskunfteien forderte, wurde ebenfalls abgewiesen. Das Gericht sieht, dass eine Datenübermittlung unter bestimmten Umständen (z. B. zur Betrugsprävention, die in der DSGVO genannt ist) im berechtigten Interesse des Unternehmens liegen kann, solange der Prozess datenschutzkonform ausgestaltet wird. Ein pauschales Verbot würde diesen Gestaltungsspielraum unnötig einschränken.
Es fehle die hinreichende Wahrscheinlichkeit künftiger Schäden, zumal die Löschung der Positivdaten durch die SCHUFA im Raum stand und der Kläger dies nicht widerlegte.
Die Kernaussage des Urteils ist, dass die bloße Mitteilung des Abschlusses eines gängigen Mobilfunkvertrages an eine Auskunftei in der Regel keine nachvollziehbaren negativen Auswirkungen auf die Bonität und damit keinen ersatzfähigen immateriellen Schaden nach Art. 82 DSGVO darstellt. Für Schadensersatz muss der Kläger einen schlüssigen und kausalen Schaden über den bloßen Kontrollverlust hinaus nachweisen.
Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.
Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.
Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.
Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.
Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.
Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.
Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.