Schutzzweck des Pflichtteilsergänzungsanspruchs

Mai 9, 2019

Schutzzweck des Pflichtteilsergänzungsanspruchs

BGH 25.06.1997 – IV ZR 233/96 –

RA und Notar Krau

Das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 25. Juni 1997 behandelt die Frage, ob ein Pflichtteilsergänzungsanspruch gemäß § 2325 BGB auch dann geltend gemacht werden kann,

wenn der Pflichtteilsberechtigte zum Zeitpunkt der Schenkung, die den Nachlass mindert, noch nicht pflichtteilsberechtigt war.

Der BGH verneint diese Frage und bestätigt damit seine frühere Rechtsprechung aus dem Jahr 1972 (BGHZ 59, 210).

Im zugrunde liegenden Fall klagte die dritte Ehefrau des Erblassers auf Pflichtteilsergänzung, nachdem dieser vor der Eheschließung

wesentliche Teile seines Vermögens an seine Söhne aus erster Ehe verschenkt hatte.

Die Klägerin war erst durch die spätere Eheschließung pflichtteilsberechtigt geworden.

Der BGH wies die Revision der Klägerin ab und stellte fest, dass der Pflichtteilsergänzungsanspruch nur demjenigen zusteht, der zum Zeitpunkt der Schenkung bereits pflichtteilsberechtigt war.

Schutzzweck des Pflichtteilsergänzungsanspruchs

Diese Entscheidung gründet auf dem Schutzzweck des § 2325 BGB, der darauf abzielt, den Pflichtteilsanspruch der nächsten Angehörigen zu sichern,

indem er verhindert, dass der Erblasser durch Schenkungen zu Lebzeiten den Nachlass so stark vermindert, dass der Pflichtteil ins Leere läuft.

Der BGH betont die Bedeutung von Rechtssicherheit und Vertrauensschutz und sieht keine zwingenden Gründe, von der bisherigen Rechtsprechung abzuweichen.

Der Wortlaut des § 2325 BGB lässt eine Auslegung zu, die die Pflichtteilsberechtigung im Zeitpunkt der Schenkung als entscheidend ansieht.

Die Ansicht, dass auch Personen, die erst nach der Schenkung pflichtteilsberechtigt wurden, Anspruch auf Ergänzung des Pflichtteils haben könnten, wird vom BGH abgelehnt.

Der BGH argumentiert, dass nur derjenige Schutz beanspruchen kann, der zum Zeitpunkt der Schenkung bereits pflichtteilsberechtigt war

und dessen potenzieller Erbanspruch durch die Schenkung gemindert wurde.

Insgesamt bestätigt das Urteil die restriktive Auslegung des Pflichtteilsergänzungsanspruchs und schützt das Vertrauen der Beschenkten,

insbesondere in Fällen, in denen seit der Schenkung mehr als zehn Jahre vergangen sind.

Allgemeiner Hinweis:

Der Schutzzweck des Pflichtteilsergänzungsanspruchs besteht darin, den Pflichtteilsanspruch der pflichtteilsberechtigten Erben

vor einer Entwertung durch lebzeitige Schenkungen des Erblassers zu schützen.

Ohne diesen Anspruch könnte der Erblasser sein Vermögen zu Lebzeiten verschenken und somit den Nachlass, aus dem die Pflichtteilsansprüche eigentlich bedient werden sollen,

schmälern oder sogar vollständig aufbrauchen.

Der Pflichtteilsergänzungsanspruch greift ein, indem er fiktiv den Wert solcher Schenkungen dem Nachlass hinzurechnet, um so die Grundlage für die Berechnung des Pflichtteils zu erhöhen.

Man kann den Schutzzweck also wie folgt zusammenfassen:

Sicherung des Mindestbeteiligung am Nachlass:

Er soll sicherstellen, dass pflichtteilsberechtigte Personen (Abkömmlinge, Ehegatten, in bestimmten Fällen Eltern) trotz Schenkungen

des Erblassers zu Lebzeiten eine Mindestbeteiligung am Vermögen des Verstorbenen erhalten.

Verhinderung der Umgehung des Pflichtteilsrechts:

Er soll verhindern, dass der Erblasser durch Schenkungen das Pflichtteilsrecht seiner nahen Angehörigen aushebeln kann.

Herstellung einer gewissen Ausgewogenheit:

Er zielt darauf ab, eine Balance zwischen der Testierfreiheit des Erblassers und dem Schutzbedürfnis seiner engsten Familie herzustellen.

Es ist wichtig zu beachten, dass der Pflichtteilsergänzungsanspruch zeitlichen Beschränkungen unterliegt.

Grundsätzlich werden Schenkungen, die länger als zehn Jahre vor dem Erbfall erfolgt sind, bei der Berechnung nicht mehr berücksichtigt (mit Ausnahme von Schenkungen an den Ehegatten, bei denen

diese Frist nicht vor Auflösung der Ehe zu laufen beginnt).

Zudem erfolgt innerhalb dieser Zehnjahresfrist eine Abschmelzung des Werts der Schenkung pro Jahr um 10 Prozent.

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Warnhinweis:

Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

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Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

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