Sicherungsgrundschuld – Nachweisverzicht im Klauselverfahren
BGH, Beschluss vom 7.10.2020 – VII ZB 56/18
Der Beschluss des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 7. Oktober 2020 befasst sich mit der Frage, ob und inwieweit im Rahmen der Erteilung einer Vollstreckungsklausel zu einer notariellen
Sicherungsgrundschuld ein vom Schuldner erklärter Nachweisverzicht hinsichtlich des Bestehens und der Fälligkeit der gesicherten Forderung beachtlich ist.
Der BGH stellt klar, dass ein in einer notariellen Grundschuldbestellungsurkunde enthaltener Nachweisverzicht des Schuldners bezüglich des Bestehens
und der Fälligkeit der Zahlungsverpflichtung im Klauselerteilungsverfahren grundsätzlich beachtlich ist.
Das Klauselerteilungsorgan (in der Regel der Notar) hat auf Antrag des Gläubigers eine einfache Vollstreckungsklausel gemäß § 724 ZPO zu erteilen,
ohne die materiell-rechtlichen Voraussetzungen der Forderung prüfen zu müssen.
Einwendungen des Schuldners gegen die Wirksamkeit dieses Nachweisverzichts aus materiell-rechtlichen Gründen können nicht im Rahmen einer Klauselerinnerung (§ 732 ZPO) geltend gemacht werden.
Die Schuldnerin bestellte dem Gläubiger zur Sicherung von Ansprüchen aus einem Darlehensvertrag eine Sicherungsgrundschuld über 15.000 Euro
und unterwarf sich hinsichtlich der Grundschuld der sofortigen Zwangsvollstreckung in ihr Grundstück.
Die notarielle Urkunde enthielt zudem eine Klausel, wonach dem Gläubiger eine vollstreckbare Ausfertigung ohne Nachweis des Bestehens
und der Fälligkeit der Zahlungsverpflichtung erteilt werden konnte, jedoch nicht vor einem bestimmten Datum.
Nach Fälligkeit des Darlehens beantragte der Gläubiger die Erteilung einer einfachen Vollstreckungsklausel, die ihm vom Notar erteilt wurde.
Die hiergegen gerichtete Klauselerinnerung der Schuldnerin wurde vom Amtsgericht zurückgewiesen.
Das Landgericht hob diese Entscheidung auf und erklärte die Zwangsvollstreckung für unzulässig, da es den Nachweisverzicht für materiell-rechtlich bedenklich hielt.
Die Rechtsbeschwerde des Gläubigers zum BGH war erfolgreich.
Der BGH hob die Entscheidung des Landgerichts auf und wies die sofortige Beschwerde der Schuldnerin zurück.
Zur Begründung führte er im Wesentlichen Folgendes aus:
Grundsätzlich stellt das Kündigungserfordernis gemäß § 1193 Abs. 1 Satz 1 BGB eine Vollstreckungsbedingung im Sinne des § 726 Abs. 1 ZPO dar,
wenn sich der Schuldner in der notariellen Grundschuldbestellungsurkunde der sofortigen Zwangsvollstreckung unterworfen hat.
In diesem Fall müsste der Notar grundsätzlich eine qualifizierte Vollstreckungsklausel erst nach Nachweis der Kündigung erteilen.
Die Erklärung eines Nachweisverzichts ist nach ständiger Rechtsprechung grundsätzlich zulässig.
Dieser Verzicht bezieht sich ausschließlich auf das Klauselerteilungsverfahren und dient der Vereinfachung des Nachweises der Vollstreckungsvoraussetzungen.
Er hat keine materiell-rechtlichen Auswirkungen; Einwendungen gegen den Anspruch selbst bleiben dem Schuldner unbenommen.
Durch den Nachweisverzicht verliert die materielle Bedingung (hier: Bestehen und Fälligkeit der Forderung) ihren Charakter als Vollstreckungsbedingung.
Das Klauselerteilungsorgan hat in diesem Fall eine einfache Vollstreckungsklausel gemäß § 724 ZPO zu erteilen, ohne den Eintritt der betreffenden Tatsache prüfen zu müssen.
Das Klauselerteilungsorgan hat im Wesentlichen formelle Gesichtspunkte zu prüfen.
Eine umfassende materiell-rechtliche Würdigung ist weder vom Notar noch vom Urkundsbeamten der Geschäftsstelle im Klauselerteilungsverfahren vorzunehmen.
Dies gilt auch für die Frage der materiell-rechtlichen Wirksamkeit eines erklärten Nachweisverzichts,
beispielsweise unter Gesichtspunkten des § 134 oder der §§ 307 ff. BGB (Unwirksamkeit von Allgemeinen Geschäftsbedingungen).
Der Prüfungsumfang im Klauselerinnerungsverfahren (§ 732 ZPO) entspricht demjenigen im Klauselerteilungsverfahren.
Was dort aufgrund des beschränkten Prüfungsprogramms nicht zu prüfen ist, kann auch nicht Gegenstand einer Klauselerinnerung sein.
Der Schuldner ist durch die Möglichkeit des Nachweisverzichts nicht schutzlos gestellt.
Ihm stehen unabhängig vom Vollstreckungsverfahren verschiedene Rechtsbehelfe zur Verfügung, um materiell-rechtliche Einwendungen geltend zu machen.
Hierzu zählen insbesondere die Vollstreckungsabwehrklage gemäß §§ 767, 797 Abs. 4 und 5 in Verbindung mit § 795 Satz 1 ZPO (die bereits vor Beginn der Zwangsvollstreckung erhoben werden kann)
sowie eine prozessuale Gestaltungsklage analog § 767 ZPO zur Geltendmachung der Unwirksamkeit der Unterwerfungserklärung oder des Nachweisverzichts.
Der BGH stellt klar, dass die vom Landgericht herangezogene Entscheidung des V. Zivilsenats vom 30. März 2017
das Klauselerteilungsverfahren und dessen Prüfungsumfang nicht betrifft und daher für die vorliegende Frage nicht maßgeblich ist.
Die dortigen Ausführungen zur analogen Anwendung des § 1193 Abs. 2 Satz 2 BGB auf Grundschuldzinsen
erfordern keine Überprüfung der Wirksamkeit eines Nachweisverzichts unter materiell-rechtlichen Gesichtspunkten im formalisierten Klauselerteilungsverfahren.
Die Entscheidung des BGH stärkt die formale Position des Gläubigers bei der Zwangsvollstreckung aus notariellen Sicherungsgrundschulden, in denen der Schuldner einen Nachweisverzicht erklärt hat.
Der Gläubiger kann auf einfache Weise eine Vollstreckungsklausel erhalten, ohne die materiell-rechtlichen Voraussetzungen der Forderung nachweisen zu müssen.
Der Schuldner ist für die Geltendmachung materiell-rechtlicher Einwendungen auf andere, gegebenenfalls aufwändigere Rechtsbehelfe vor dem Prozessgericht verwiesen.
Der BGH betont damit erneut die im Zwangsvollstreckungsverfahren bestehende Funktionsteilung zwischen einer formalisierten Verfahrensabwicklung
durch die Vollstreckungsorgane und der Klärung komplexerer materiell-rechtlicher Fragen durch die Prozessgerichte.
Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.
Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.
Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.
Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.
Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.
Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.
Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.
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