Sittenwidriger Ehevertrag Globalverzicht durch schwangere Ehefrau

Februar 20, 2025

Sittenwidriger Ehevertrag Globalverzicht durch schwangere Ehefrau

RA und Notar Krau

In einem Beschluss des Oberlandesgerichts Zweibrücken vom 18. Juni 2024 (Az. 2 UF 166/23) wurde ein Fall behandelt,

in dem die Wirksamkeit eines notariellen Ehevertrags mit einem sogenannten „Globalverzicht“ und die besondere Situation einer schwangeren Frau bei Vertragsabschluss eine Rolle spielten.

Sachverhalt

Die Eheleute hatten 1995 einen Ehevertrag geschlossen, der den Versorgungsausgleich, den Zugewinnausgleich und nachehelichen Unterhalt weitgehend ausschloss.

Zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses war die Ehefrau im dritten Monat schwanger.

Nach der Scheidung der Ehe beantragte die Ehefrau die Durchführung des Versorgungsausgleichs, die Zahlung von Zugewinnausgleich und nachehelichem Unterhalt.

Das Amtsgericht wies die Anträge ab, woraufhin die Ehefrau Beschwerde einlegte.

Entscheidung des Oberlandesgerichts

Das Oberlandesgericht hob den Beschluss des Amtsgerichts auf und entschied, dass der Ehevertrag wegen Sittenwidrigkeit gemäß § 138 Abs. 1 BGB nichtig sei.

Die Richter betonten, dass die gesetzlichen Regelungen über nachehelichen Unterhalt, Zugewinnausgleich und Versorgungsausgleich

zwar grundsätzlich der vertraglichen Disposition der Ehegatten unterliegen, jedoch nicht dazu führen dürfen, dass der Schutzzweck der gesetzlichen Regelungen durch vertragliche Vereinbarungen beliebig unterlaufen wird.

Sittenwidriger Ehevertrag Globalverzicht durch schwangere Ehefrau

Begründung

  • Ungleiche Verhandlungsposition:
    • Das Gericht stellte fest, dass die Ehefrau aufgrund ihrer Schwangerschaft und der damit verbundenen emotionalen und sozialen Abhängigkeit vom Ehemann in einer unterlegenen Verhandlungsposition war.
    • Die Tatsache, dass die Ehefrau in der irrigen Annahme bestärkt wurde, durch den Ehevertrag ein Haftungsrisiko zu mindern, das in Wirklichkeit nicht bestand, untermauerte diese Einschätzung.
  • Einseitige Lastenverteilung:
    • Der Ehevertrag sah einen umfassenden Ausschluss sämtlicher nachehelicher Ansprüche vor, was zu einer evident einseitigen Lastenverteilung zum Nachteil der Ehefrau führte.
    • Insbesondere der Ausschluss des Betreuungsunterhalts und des Versorgungsausgleichs, die zum Kernbereich des Scheidungsfolgenrechts gehören, wurde als unzumutbar angesehen.
  • Schutzbedürfnis schwangerer Frauen:
    • Das Gericht betonte, dass eine Schwangerschaft zwar nicht automatisch zur Sittenwidrigkeit eines Ehevertrags führt, jedoch eine ungleiche Verhandlungsposition indiziert, die eine verstärkte richterliche Inhaltskontrolle rechtfertigt.

Sittenwidriger Ehevertrag Globalverzicht durch schwangere Ehefrau

Folgen der Entscheidung

Aufgrund der Nichtigkeit des Ehevertrags ordnete das Oberlandesgericht die Durchführung des Versorgungsausgleichs an

und gab der Ehefrau dem Grunde nach Ansprüche auf Zugewinnausgleich und nachehelichen Unterhalt zu.

Der Ehemann wurde zur Auskunft über sein Vermögen verpflichtet.

Das Verfahren wurde zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Amtsgericht zurückverwiesen.

Schlagworte

Warnhinweis:

Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

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