Sittenwidrigkeit eines Behindertentestaments sowie eines Pflichtteilsverzichtsvertrages
Zusammenfassung Oberlandesgericht Köln, Urteil vom 09.12.2009 (Az.: 2 U 46/09)
Vorinstanz: Landgericht Köln, 37 O 653/08
Das Urteil des Oberlandesgerichts (OLG) Köln befasste sich mit einer zentralen Frage des Erbrechts in Verbindung mit dem Sozialhilferecht: Sind Verfügungen, die ein behindertes Kind erbrechtlich so stellen, dass sein Vermögen nicht vom Sozialhilfeträger zur Kostendeckung herangezogen wird, sittenwidrig und damit ungültig?
| Eckdaten des Urteils | Details |
| Gericht | Oberlandesgericht Köln (OLG) |
| Datum | 09. Dezember 2009 |
| Aktenzeichen | 2 U 46/09 |
| Schlagworte | Behindertentestament, Pflichtteilsverzicht, Sittenwidrigkeit (§ 138 BGB) |
Ein Ehepaar hatte eine lernbehinderte Tochter, die seit Jahren vom Sozialhilfeträger (Kläger) Eingliederungshilfe erhielt. Die Kosten beliefen sich auf einen hohen Betrag (über 400.000 €).
Kurz vor dem Tod der Mutter (Erblasserin) trafen die Eltern folgende Regelungen, um ihr Familienheim und die finanzielle Sicherheit des überlebenden Vaters (Beklagter) zu schützen:
Sittenwidrigkeit eines Behindertentestaments sowie eines Pflichtteilsverzichtsvertrages
Nach dem Tod der Mutter leitete der Sozialhilfeträger (Kläger) den Pflichtteilsanspruch der Tochter auf sich über und forderte vom Vater Auskunft über den Wert des Nachlasses (des Hauses) sowie die Zahlung des Pflichtteils.
Der Sozialhilfeträger argumentierte, sowohl das Behindertentestament als auch der Pflichtteilsverzichtsvertrag seien sittenwidrig (§ 138 Bürgerliches Gesetzbuch), da sie einzig dem Zweck dienten, ihn als Träger der Sozialhilfe zu benachteiligen und von der Kostenerstattung auszuschließen. Die Tochter müsse vorrangig ihr eigenes Vermögen zur Deckung der Kosten einsetzen.
Das OLG Köln wies die Klage des Sozialhilfeträgers ab und bestätigte die Wirksamkeit beider Verfügungen.
Das Gericht entschied in Übereinstimmung mit der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH):
Das Gericht stellte fest, dass der Pflichtteilsverzichtsvertrag der Tochter wirksam ist und nicht gegen die guten Sitten verstößt, auch wenn die Tochter Sozialleistungen bezog:
Der Sozialhilfeträger konnte den Pflichtteil nicht erfolgreich geltend machen. Der Pflichtteilsverzicht war wirksam, und das Behindertentestament wurde nicht als sittenwidrig eingestuft.
Das Gericht ließ die Revision (die Überprüfung durch den BGH) zu, da die Frage der Sittenwidrigkeit eines Pflichtteilsverzichts in diesem Kontext noch nicht höchstrichterlich geklärt war.
Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.
Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.
Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.
Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.
Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.
Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.
Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.