Sittenwidrigkeit eines Erbverzichts- und Abfindungsvertrages

August 30, 2017

Sittenwidrigkeit eines Erbverzichts- und Abfindungsvertrages

Feststellung der Nichtigkeit

OLG München 15 U 4751/04

RA und Notar Krau

Das Oberlandesgericht München hat in seinem Urteil vom 15.12.2005 entschieden, dass ein Erbverzichts- und Abfindungsvertrag

zwischen einem Vater und seinem unehelichen Sohn sittenwidrig und damit nichtig ist.

Der Fall:

Der Kläger, der uneheliche Sohn des Beklagten, hatte im Jahr 1980 im Alter von 19 Jahren einen Erbverzichts- und Abfindungsvertrag mit seinem Vater geschlossen.

Darin verzichtete er gegen Zahlung einer Abfindung von 19.500 DM auf sein Erbe.

Die Entscheidung:

Das OLG München stellte fest, dass dieser Vertrag sittenwidrig und damit nichtig ist.

Sittenwidrigkeit eines Erbverzichts- und Abfindungsvertrages

Die Sittenwidrigkeit ergab sich aus einer Gesamtschau verschiedener Umstände:

  • Falsche Berechnungsgrundlage: Der Beklagte hatte die Abfindung anhand der Berechnungsmethode für einen vorzeitigen Erbausgleich nach § 1934d BGB ermittelt, obwohl diese Vorschrift im vorliegenden Fall gar nicht anwendbar war. Tatsächlich hätte die Abfindung anhand des Vermögens des Beklagten berechnet werden müssen.
  • Unzureichende Aufklärung: Der Kläger wurde im Vorfeld des Vertragsabschlusses nicht ausreichend über die Rechtslage und die Höhe seines tatsächlichen Erbanspruchs aufgeklärt. Der vom Beklagten beauftragte Rechtsanwalt hatte den Kläger nicht neutral beraten, sondern lediglich die Interessen des Beklagten vertreten.
  • Ausnutzung der Unerfahrenheit: Der Beklagte nutzte die Unerfahrenheit und die schwächere Position seines Sohnes aus, um ihn zu einem für ihn nachteiligen Vertrag zu bewegen.

Bedeutung des Urteils:

Das Urteil des OLG München zeigt, dass Erbverzichtsverträge unter bestimmten Umständen sittenwidrig und damit nichtig sein können.

Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn der Erblasser die Unerfahrenheit des Verzichtenden ausnutzt oder wenn die Abfindung in einem krassen Missverhältnis zum Wert des Erbes steht.

Sittenwidrigkeit eines Erbverzichts- und Abfindungsvertrages

Wichtige Punkte:

  • Sittenwidrigkeit: Ein Rechtsgeschäft ist sittenwidrig, wenn es gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden verstößt.  
  • Gesamtschau: Die Sittenwidrigkeit kann sich aus einer Gesamtschau aller Umstände des Einzelfalls ergeben.
  • Aufklärungspflicht: Der Erblasser hat die Pflicht, den Verzichtenden über die Rechtslage und den Wert des Erbes aufzuklären.
  • Schutz des Schwächeren: Gerichte achten besonders darauf, dass der Verzichtende nicht benachteiligt wird.

Schlagworte

Warnhinweis:

Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

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