Sittenwidrigkeit Erbeinsetzung Betreuer

August 30, 2017

Sittenwidrigkeit Erbeinsetzung Betreuer

OLG Braunschweig 2 U 29/99

Ausnutzung Vertrauensstellung

RA und Notar Krau

Eine ältere Dame (Frau F) wurde aufgrund geistiger Verwirrtheit im November 1986 in ein psychiatrisches Krankenhaus eingewiesen.

Im Januar 1987 wurde der Beklagte zu ihrem Betreuer bestellt.

Am selben Tag holte er Frau F aus dem Krankenhaus ab, um mit ihr ein Schließfach bei der Bank zu öffnen.

Unterwegs schlug er vor, dies in Anwesenheit eines Notars zu tun.

Im Anschluss daran wurde im Büro des Notars ein Testament errichtet, in dem Frau F den Beklagten, seine Ehefrau und seinen Sohn zu Erben einsetzte.

Der Nachlasspfleger der unbekannten Erben focht das Testament an und machte geltend, Frau F sei bei der Testamentserrichtung testierunfähig gewesen.

Sittenwidrigkeit Erbeinsetzung Betreuer

Kernaussagen des Urteils:

  • Testierunfähigkeit: Das OLG Braunschweig bestätigte die Entscheidung des Landgerichts, dass Frau F zum Zeitpunkt der Testamentserrichtung testierunfähig war. Sie litt an seniler Demenz und war nicht in der Lage, die Tragweite ihrer Entscheidung zu erfassen und frei von Einflüssen Dritter zu handeln.
  • Sittenwidrigkeit: Selbst wenn Frau F testierfähig gewesen wäre, wäre das Testament nichtig, da es sittenwidrig ist. Der Beklagte nutzte seine Vertrauensstellung als Betreuer aus, um Frau F zur Errichtung eines Testaments zu bewegen, das ihn und seine Familie begünstigte.
  • Missbrauch der Vertrauensstellung: Der Beklagte brachte Frau F unter einem Vorwand zum Notar und beeinflusste sie bei der Testamentserrichtung. Er nutzte ihre krankheitsbedingte Beeinflussbarkeit aus, um sich und seine Familie zu bereichern.
  • Keine freie Willensbildung: Frau F hatte vor dem Besuch beim Notar nicht die Absicht, ein Testament zu errichten. Sie wurde vom Beklagten und dem Notar beeinflusst und traf keine freie Entscheidung.

Begründung:

  • Schutz des Betreuten: Das Betreuungsrecht soll die Handlungsfähigkeit geistig behinderter Menschen schützen. Der Betreuer hat die Pflicht, die Interessen des Betreuten zu wahren und seine Autonomie zu fördern.
  • Verbot der Eigennützigkeit: Der Betreuer darf seine Vertrauensstellung nicht für eigene Zwecke ausnutzen. Ein Testament zugunsten des Betreuers ist sittenwidrig, wenn der Betreuer seine Stellung missbraucht, um den Betreuten zu beeinflussen.
  • Umstände der Testamentserrichtung: Die Umstände der Testamentserrichtung sprechen gegen eine freie Willensbildung von Frau F. Sie wurde vom Beklagten zum Notar gebracht und dort zur Errichtung eines Testaments bewegt, ohne dass sie zuvor die Absicht hatte, dies zu tun.
  • Inhalt des Testaments: Der Inhalt des Testaments ist ebenfalls auffällig. Frau F setzte Personen als Erben ein, die sie kaum kannte. Dies spricht dafür, dass sie nicht frei entscheiden konnte.

Sittenwidrigkeit Erbeinsetzung Betreuer

Fazit:

Das OLG Braunschweig hat mit diesem Urteil klargestellt, dass ein Testament zugunsten des Betreuers sittenwidrig ist,

wenn der Betreuer seine Vertrauensstellung missbraucht, um den Betreuten zu beeinflussen.

Das Urteil stärkt den Schutz von Betreuten und verhindert, dass Betreuer ihre Stellung ausnutzen.

Ergänzende Hinweise:

  • Das Urteil befasst sich mit den Voraussetzungen für die Sittenwidrigkeit eines Testaments zugunsten des Betreuers.
  • Es zeigt die Bedeutung des Schutzes von Betreuten vor missbräuchlicher Einflussnahme.
  • Das Urteil ist relevant für alle Fälle, in denen Betreuer in Testamenten ihrer Betreuten bedacht werden.

Schlagworte

Warnhinweis:

Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

Benötigen Sie eine Beratung oder haben Sie Fragen?

Rufen Sie uns an oder schreiben Sie uns eine E-Mail, damit wir die grundsätzlichen Fragen klären können.

Durch die schlichte Anfrage kommt noch kein kostenpflichtiges Mandat zustande.

Warnhinweis:

Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

Benötigen Sie eine Beratung oder haben Sie Fragen?

Rufen Sie uns an oder schreiben Sie uns eine E-Mail, damit wir die grundsätzlichen Fragen klären können.

Durch die schlichte Anfrage kommt noch kein kostenpflichtiges Mandat zustande.

Letzte Beiträge

Der gepfändete Erbteil und die vom Erben betriebene Teilungsversteigerung

Der gepfändete Erbteil und die vom Erben betriebene Teilungsversteigerung

April 28, 2025
Der gepfändete Erbteil und die vom Erben betriebene TeilungsversteigerungBeschluss des Bundesgerichtshofs (BGH), V. Zivilsenat, vom 20. März 2…
Streit um altes Patriziervermögen - Familiensammlung bleibt ungeteilt

Streit um altes Patriziervermögen – Familiensammlung bleibt ungeteilt

April 26, 2025
Streit um altes Patriziervermögen – Familiensammlung bleibt ungeteiltRA und Notar KrauDas Oberlandesgericht Nürnberg hat am 28. Februar 2…
Mann muss Bestattung seines ihm unbekannten Halbbruders bezahlen

Mann muss Bestattung seines ihm unbekannten Halbbruders bezahlen

April 25, 2025
Mann muss Bestattung seines ihm unbekannten Halbbruders bezahlenVerwaltungsgericht Mainz, AZ: 3 K 425/22RA und Notar KrauEin Mann in H…