Soll-Angaben in einer Massenentlassungsanzeige

Juli 29, 2022

Soll-Angaben in einer Massenentlassungsanzeige

Kernaussage:

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat im Fall 2 AZR 467/21 entschieden, dass das Fehlen der sogenannten Soll-Angaben

in einer Massenentlassungsanzeige nicht zur Nichtigkeit der Anzeige und der damit verbundenen Kündigungen führt.

Hintergrund:

Im konkreten Fall hatte eine Arbeitgeberin (Beklagte) innerhalb kurzer Zeit mehrere Kündigungen ausgesprochen.

Die Klägerin, deren Arbeitsverhältnis ebenfalls gekündigt wurde, argumentierte, dass die Kündigung nichtig sei, da die Arbeitgeberin in ihrer Massenentlassungsanzeige

an die Agentur für Arbeit nicht die in § 17 Abs. 3 Satz 5 Kündigungsschutzgesetz (KSchG) genannten „Soll-Angaben“ gemacht habe.

Diese Angaben betreffen beispielsweise die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Alter, den Familienstand und die Unterhaltspflichten der zu entlassenden Arbeitnehmer.

Entscheidung des BAG:

Soll-Angaben in einer Massenentlassungsanzeige

Das BAG hob das Urteil des Landesarbeitsgerichts auf und verwies die Sache zurück. Es stellte fest, dass das Fehlen der Soll-Angaben nicht zur Unwirksamkeit der Massenentlassungsanzeige führt.

Begründung:

  • Gesetzessystematik: § 17 Abs. 3 Satz 5 KSchG sei als Sollvorschrift formuliert. Das bedeutet, dass der Arbeitgeber diese Angaben machen soll, aber nicht muss. Im Gegensatz dazu enthält § 17 Abs. 3 Satz 4 KSchG Mussvorschriften, die zwingend zu beachten sind. Der Gesetzgeber habe bewusst zwischen diesen beiden Arten von Vorschriften unterschieden.
  • Zweck der Soll-Angaben: Die Soll-Angaben dienen lediglich der Arbeitsvermittlung und haben keinen Einfluss auf die Wirksamkeit der Massenentlassungsanzeige.
  • Unionsrecht: Auch das Unionsrecht, insbesondere die Massenentlassungsrichtlinie (MERL), verlange nicht, dass die Soll-Angaben in der Anzeige enthalten sind. Die MERL ziele darauf ab, dass die Agentur für Arbeit über die bevorstehende Massenentlassung informiert wird und sich auf die Vermittlung der betroffenen Arbeitnehmer vorbereiten kann. Dafür seien die Soll-Angaben nicht erforderlich.

Weitere Punkte:

  • Anzeigepflichtige Massenentlassung: Das BAG stellte fest, dass die Feststellungen des Landesarbeitsgerichts nicht ausreichten, um zu beurteilen, ob überhaupt eine anzeigepflichtige Massenentlassung vorlag. Das Landesarbeitsgericht müsse dies im weiteren Verfahren prüfen.
  • Unionsrechtlicher Grundsatz des effet utile: Das BAG stellte klar, dass der Grundsatz des effet utile, wonach das Unionsrecht seine volle Wirksamkeit entfalten muss, nicht verletzt sei, wenn die Soll-Angaben in der Anzeige fehlen.
  • Unmittelbare Unwirksamkeit der Kündigung: Die Kündigung sei auch nicht unmittelbar wegen eines Verstoßes gegen Unionsrecht unwirksam oder nichtig.

Soll-Angaben in einer Massenentlassungsanzeige

Fazit:

Das Urteil des BAG hat für die Praxis erhebliche Bedeutung.

Arbeitgeber müssen in Massenentlassungsanzeigen zwar die Mussvorschriften des § 17 Abs. 3 Satz 4 KSchG beachten, können aber auf die Soll-Angaben nach § 17 Abs. 3 Satz 5 KSchG verzichten, ohne dass die Anzeige und die damit verbundenen Kündigungen unwirksam werden.

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Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

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Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

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